Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778.

Bild:
<< vorherige Seite

gebraucht haben würde. Pratz! eine Ohr-
feige; und nun war der Zorn gelöscht. Zwar
zischt' es noch, als wenn Waßer auf den glü-
henden Heerd gegoßen wird, indeßen ward
es zulezt ganz, ganz mause stille.

Dies Pratz war eben keine Christen-
pflicht: indeßen was denckst du vom Pratz
der Fr. v -- welche bey ganz kaltem Blute
jedes neue Dienstmädchen, wenn es zum er-
stenmal Hand ans Porcelain legt, mit einem
Pratz bewillkommet? Warum gnädige Frau?
"damit ihr ein Andencken habt, so oft ihr
"das Porcelain zur Hand nehmt"

Meine Mutter mochte dieser Blutreini-
gung wegen gerne das alte Gesinde behal-
ten, und ich bin ihrer Meinung -- Es
muß doch wo einschlagen, und ersticken würd
ich! ich! Kreuzträgerinn! wenn ich mich
nicht ausschelten könnte -- Babbe wäre den
andern Tag abgestelt, nachdem sie die König-
liche Frau Mutter gemacht hatte, wenn
man mit neuem Gesinde so herumspringen
könnte, als mit altem -- Ich weiß nicht,
gegen das gemeinste Volck hab ich, bis ich
bekant bin, rückhaltende Achtung; ich glaub,
das macht das Bild Gottes, das es trägt --


Das

gebraucht haben wuͤrde. Pratz! eine Ohr-
feige; und nun war der Zorn geloͤſcht. Zwar
ziſcht’ es noch, als wenn Waßer auf den gluͤ-
henden Heerd gegoßen wird, indeßen ward
es zulezt ganz, ganz mauſe ſtille.

Dies Pratz war eben keine Chriſten-
pflicht: indeßen was denckſt du vom Pratz
der Fr. v — welche bey ganz kaltem Blute
jedes neue Dienſtmaͤdchen, wenn es zum er-
ſtenmal Hand ans Porcelain legt, mit einem
Pratz bewillkommet? Warum gnaͤdige Frau?
„damit ihr ein Andencken habt, ſo oft ihr
„das Porcelain zur Hand nehmt„

Meine Mutter mochte dieſer Blutreini-
gung wegen gerne das alte Geſinde behal-
ten, und ich bin ihrer Meinung — Es
muß doch wo einſchlagen, und erſticken wuͤrd
ich! ich! Kreuztraͤgerinn! wenn ich mich
nicht ausſchelten koͤnnte — Babbe waͤre den
andern Tag abgeſtelt, nachdem ſie die Koͤnig-
liche Frau Mutter gemacht hatte, wenn
man mit neuem Geſinde ſo herumſpringen
koͤnnte, als mit altem — Ich weiß nicht,
gegen das gemeinſte Volck hab ich, bis ich
bekant bin, ruͤckhaltende Achtung; ich glaub,
das macht das Bild Gottes, das es traͤgt —


Das
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0282" n="270"/>
gebraucht haben wu&#x0364;rde. Pratz! eine Ohr-<lb/>
feige; und nun war der Zorn gelo&#x0364;&#x017F;cht. Zwar<lb/>
zi&#x017F;cht&#x2019; es noch, als wenn Waßer auf den glu&#x0364;-<lb/>
henden Heerd gegoßen wird, indeßen ward<lb/>
es zulezt ganz, ganz mau&#x017F;e &#x017F;tille.</p><lb/>
        <p>Dies Pratz war eben keine Chri&#x017F;ten-<lb/>
pflicht: indeßen was denck&#x017F;t du vom Pratz<lb/>
der <hi rendition="#fr">Fr. v</hi> &#x2014; welche bey ganz kaltem Blute<lb/>
jedes neue Dien&#x017F;tma&#x0364;dchen, wenn es zum er-<lb/>
&#x017F;tenmal Hand ans Porcelain legt, mit einem<lb/>
Pratz bewillkommet? Warum gna&#x0364;dige Frau?<lb/>
&#x201E;damit ihr ein Andencken habt, &#x017F;o oft ihr<lb/>
&#x201E;das Porcelain zur Hand nehmt&#x201E;</p><lb/>
        <p>Meine Mutter mochte die&#x017F;er Blutreini-<lb/>
gung wegen gerne das alte Ge&#x017F;inde behal-<lb/>
ten, und ich bin ihrer Meinung &#x2014; Es<lb/>
muß doch wo ein&#x017F;chlagen, und er&#x017F;ticken wu&#x0364;rd<lb/>
ich! ich! Kreuztra&#x0364;gerinn! wenn ich mich<lb/>
nicht aus&#x017F;chelten ko&#x0364;nnte &#x2014; <hi rendition="#fr">Babbe</hi> wa&#x0364;re den<lb/>
andern Tag abge&#x017F;telt, nachdem &#x017F;ie die Ko&#x0364;nig-<lb/>
liche Frau Mutter gemacht hatte, wenn<lb/>
man mit neuem Ge&#x017F;inde &#x017F;o herum&#x017F;pringen<lb/>
ko&#x0364;nnte, als mit altem &#x2014; Ich weiß nicht,<lb/>
gegen das gemein&#x017F;te Volck hab ich, bis ich<lb/>
bekant bin, ru&#x0364;ckhaltende Achtung; ich glaub,<lb/>
das macht das Bild Gottes, das es tra&#x0364;gt &#x2014;</p><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch">Das</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[270/0282] gebraucht haben wuͤrde. Pratz! eine Ohr- feige; und nun war der Zorn geloͤſcht. Zwar ziſcht’ es noch, als wenn Waßer auf den gluͤ- henden Heerd gegoßen wird, indeßen ward es zulezt ganz, ganz mauſe ſtille. Dies Pratz war eben keine Chriſten- pflicht: indeßen was denckſt du vom Pratz der Fr. v — welche bey ganz kaltem Blute jedes neue Dienſtmaͤdchen, wenn es zum er- ſtenmal Hand ans Porcelain legt, mit einem Pratz bewillkommet? Warum gnaͤdige Frau? „damit ihr ein Andencken habt, ſo oft ihr „das Porcelain zur Hand nehmt„ Meine Mutter mochte dieſer Blutreini- gung wegen gerne das alte Geſinde behal- ten, und ich bin ihrer Meinung — Es muß doch wo einſchlagen, und erſticken wuͤrd ich! ich! Kreuztraͤgerinn! wenn ich mich nicht ausſchelten koͤnnte — Babbe waͤre den andern Tag abgeſtelt, nachdem ſie die Koͤnig- liche Frau Mutter gemacht hatte, wenn man mit neuem Geſinde ſo herumſpringen koͤnnte, als mit altem — Ich weiß nicht, gegen das gemeinſte Volck hab ich, bis ich bekant bin, ruͤckhaltende Achtung; ich glaub, das macht das Bild Gottes, das es traͤgt — Das

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778/282
Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 270. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778/282>, abgerufen am 16.07.2024.