Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778.

Bild:
<< vorherige Seite

Jetzt sind wir nur beym lieben Gott bekanndt.
Ueber ein kleines oder über ein großes --
mir ists gleich, wird Gott uns auch unter die
Leute helfen. Ich liebe deine Seele, und du
die Meinige. Du bist der Mann meiner
Seele, und ich das Weib deiner Seele: sonst
könnten die Engel mit uns nichts mehr zu
schaffen haben. Leb wohl -- Zu Mann
und Weib hat uns der liebe Gott gemacht,
zum Herrn Pastor und zur Frau Pastorinn,
müßen es die Menschen thun. Da ist das
ganze Räthsel --

N. S. Zur rechten Hand. Das Pfef-
ferkraut würd ich zum Kraut der Liebe ma-
chen, so gut bin ich ihm.

N. S. Zur linken Hand. Warum hast
du deinen letzten Brief so weitläuftig geschrie-
ben? Wenn du mir so gut nicht wärst, als
ich weiß daß du es bist, würd ich mir Gedan-
cken machen. Hab ich es nicht von dir "je
"kälter je weitläuftiger, wenn man Briefe
"schreibt." "Wer liebt läuft immer über.
Er kennt nicht Maas und Gewicht." Aber
so bist du! auf deine Finger siehst du nicht,
allein die Meinigen sollen nicht trauern. Könnt
ich dann nicht dich und du mich lieben, wenn
auch alle unsere zwanzig Finger im tiefen

Trauer

Jetzt ſind wir nur beym lieben Gott bekanndt.
Ueber ein kleines oder uͤber ein großes —
mir iſts gleich, wird Gott uns auch unter die
Leute helfen. Ich liebe deine Seele, und du
die Meinige. Du biſt der Mann meiner
Seele, und ich das Weib deiner Seele: ſonſt
koͤnnten die Engel mit uns nichts mehr zu
ſchaffen haben. Leb wohl — Zu Mann
und Weib hat uns der liebe Gott gemacht,
zum Herrn Paſtor und zur Frau Paſtorinn,
muͤßen es die Menſchen thun. Da iſt das
ganze Raͤthſel —

N. S. Zur rechten Hand. Das Pfef-
ferkraut wuͤrd ich zum Kraut der Liebe ma-
chen, ſo gut bin ich ihm.

N. S. Zur linken Hand. Warum haſt
du deinen letzten Brief ſo weitlaͤuftig geſchrie-
ben? Wenn du mir ſo gut nicht waͤrſt, als
ich weiß daß du es biſt, wuͤrd ich mir Gedan-
cken machen. Hab ich es nicht von dir „je
„kaͤlter je weitlaͤuftiger, wenn man Briefe
„ſchreibt.„ „Wer liebt laͤuft immer uͤber.
Er kennt nicht Maas und Gewicht.„ Aber
ſo biſt du! auf deine Finger ſiehſt du nicht,
allein die Meinigen ſollen nicht trauern. Koͤnnt
ich dann nicht dich und du mich lieben, wenn
auch alle unſere zwanzig Finger im tiefen

Trauer
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0245" n="233"/>
Jetzt &#x017F;ind wir nur beym lieben Gott bekanndt.<lb/>
Ueber ein kleines oder u&#x0364;ber ein großes &#x2014;<lb/>
mir i&#x017F;ts gleich, wird Gott uns auch unter die<lb/>
Leute helfen. Ich liebe deine Seele, und du<lb/>
die Meinige. Du bi&#x017F;t der Mann meiner<lb/>
Seele, und ich das Weib deiner Seele: &#x017F;on&#x017F;t<lb/>
ko&#x0364;nnten die Engel mit uns nichts mehr zu<lb/>
&#x017F;chaffen haben. Leb wohl &#x2014; Zu Mann<lb/>
und Weib hat uns der liebe Gott gemacht,<lb/>
zum Herrn Pa&#x017F;tor und zur Frau Pa&#x017F;torinn,<lb/>
mu&#x0364;ßen es die Men&#x017F;chen thun. Da i&#x017F;t das<lb/>
ganze Ra&#x0364;th&#x017F;el &#x2014;</p><lb/>
        <p><hi rendition="#fr">N. S. Zur rechten Hand.</hi> Das Pfef-<lb/>
ferkraut wu&#x0364;rd ich zum Kraut der Liebe ma-<lb/>
chen, &#x017F;o gut bin ich ihm.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#fr">N. S. Zur linken Hand.</hi> Warum ha&#x017F;t<lb/>
du deinen letzten Brief &#x017F;o weitla&#x0364;uftig ge&#x017F;chrie-<lb/>
ben? Wenn du mir &#x017F;o gut nicht wa&#x0364;r&#x017F;t, als<lb/>
ich weiß daß du es bi&#x017F;t, wu&#x0364;rd ich mir Gedan-<lb/>
cken machen. Hab ich es nicht von dir &#x201E;je<lb/>
&#x201E;ka&#x0364;lter je weitla&#x0364;uftiger, wenn man Briefe<lb/>
&#x201E;&#x017F;chreibt.&#x201E; &#x201E;Wer liebt la&#x0364;uft immer u&#x0364;ber.<lb/>
Er kennt nicht Maas und Gewicht.&#x201E; Aber<lb/>
&#x017F;o bi&#x017F;t du! auf deine Finger &#x017F;ieh&#x017F;t du nicht,<lb/>
allein die Meinigen &#x017F;ollen nicht trauern. Ko&#x0364;nnt<lb/>
ich dann nicht dich und du mich lieben, wenn<lb/>
auch alle un&#x017F;ere zwanzig Finger im tiefen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Trauer</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[233/0245] Jetzt ſind wir nur beym lieben Gott bekanndt. Ueber ein kleines oder uͤber ein großes — mir iſts gleich, wird Gott uns auch unter die Leute helfen. Ich liebe deine Seele, und du die Meinige. Du biſt der Mann meiner Seele, und ich das Weib deiner Seele: ſonſt koͤnnten die Engel mit uns nichts mehr zu ſchaffen haben. Leb wohl — Zu Mann und Weib hat uns der liebe Gott gemacht, zum Herrn Paſtor und zur Frau Paſtorinn, muͤßen es die Menſchen thun. Da iſt das ganze Raͤthſel — N. S. Zur rechten Hand. Das Pfef- ferkraut wuͤrd ich zum Kraut der Liebe ma- chen, ſo gut bin ich ihm. N. S. Zur linken Hand. Warum haſt du deinen letzten Brief ſo weitlaͤuftig geſchrie- ben? Wenn du mir ſo gut nicht waͤrſt, als ich weiß daß du es biſt, wuͤrd ich mir Gedan- cken machen. Hab ich es nicht von dir „je „kaͤlter je weitlaͤuftiger, wenn man Briefe „ſchreibt.„ „Wer liebt laͤuft immer uͤber. Er kennt nicht Maas und Gewicht.„ Aber ſo biſt du! auf deine Finger ſiehſt du nicht, allein die Meinigen ſollen nicht trauern. Koͤnnt ich dann nicht dich und du mich lieben, wenn auch alle unſere zwanzig Finger im tiefen Trauer

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778/245
Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 233. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778/245>, abgerufen am 25.11.2024.