stole wiewohl nur nach väterlicher Weise in die freie Luft losgeschossen worden, bis solches endlich unter einigen Daumschrauben, dem Kirchspielsadel (ich glaube von Herzog Friedrich Casimir) zugestanden worden. Ich kann nicht sagen, daß mein Vater eine vor- zügliche Neigung gegen mein Vaterland hatte, und wenn ich einem Erdbeschreiber hiedurch irgend einen Gefallen zu erzeigen wüßte; was könnt' ich nicht für ein breites und lan- ges über die drei Namen Curland Lettland und Semgallen an ihn endoßiren? welches aber alles zu keiner Lobrede auf Curland die- nen würde. So viel ist gewiß, daß mein Vater niemals zugeben wollte, daß Curland vom Flusse Chronus herkäme, wodurch die Memel angedeutet würde: obgleich ihm sol- ches sehr wahrscheinlich vorbuchstabirt wurde. Die Curländer, sagte man, wohnten um den Chronus, sie wollten ihr Land von Preus- sen unterscheiden und bearbeiteten und drech- selten so lange die Buchstaben und Sylben, bis endlich so wie in der heiligen Schrift herauskam was zu suchen war. Es ist viel von Gottes Wort zu sagen sagte mein Vater. Ein guter Freund von Curland und von meinem Vater spielte eine andere Karte
aus
ſtole wiewohl nur nach vaͤterlicher Weiſe in die freie Luft losgeſchoſſen worden, bis ſolches endlich unter einigen Daumſchrauben, dem Kirchſpielsadel (ich glaube von Herzog Friedrich Caſimir) zugeſtanden worden. Ich kann nicht ſagen, daß mein Vater eine vor- zuͤgliche Neigung gegen mein Vaterland hatte, und wenn ich einem Erdbeſchreiber hiedurch irgend einen Gefallen zu erzeigen wuͤßte; was koͤnnt’ ich nicht fuͤr ein breites und lan- ges uͤber die drei Namen Curland Lettland und Semgallen an ihn endoßiren? welches aber alles zu keiner Lobrede auf Curland die- nen wuͤrde. So viel iſt gewiß, daß mein Vater niemals zugeben wollte, daß Curland vom Fluſſe Chronus herkaͤme, wodurch die Memel angedeutet wuͤrde: obgleich ihm ſol- ches ſehr wahrſcheinlich vorbuchſtabirt wurde. Die Curlaͤnder, ſagte man, wohnten um den Chronus, ſie wollten ihr Land von Preuſ- ſen unterſcheiden und bearbeiteten und drech- ſelten ſo lange die Buchſtaben und Sylben, bis endlich ſo wie in der heiligen Schrift herauskam was zu ſuchen war. Es iſt viel von Gottes Wort zu ſagen ſagte mein Vater. Ein guter Freund von Curland und von meinem Vater ſpielte eine andere Karte
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ſtole wiewohl nur nach vaͤterlicher Weiſe
in die freie Luft losgeſchoſſen worden, bis
ſolches endlich unter einigen Daumſchrauben,
dem Kirchſpielsadel (ich glaube von Herzog
Friedrich Caſimir) zugeſtanden worden. Ich
kann nicht ſagen, daß mein Vater eine vor-
zuͤgliche Neigung gegen mein Vaterland hatte,
und wenn ich einem Erdbeſchreiber hiedurch
irgend einen Gefallen zu erzeigen wuͤßte;
was koͤnnt’ ich nicht fuͤr ein breites und lan-
ges uͤber die drei Namen Curland Lettland
und Semgallen an ihn endoßiren? welches
aber alles zu keiner Lobrede auf Curland die-
nen wuͤrde. So viel iſt gewiß, daß mein
Vater niemals zugeben wollte, daß Curland
vom Fluſſe Chronus herkaͤme, wodurch die
Memel angedeutet wuͤrde: obgleich ihm ſol-
ches ſehr wahrſcheinlich vorbuchſtabirt wurde.
Die Curlaͤnder, ſagte man, wohnten um
den Chronus, ſie wollten ihr Land von Preuſ-
ſen unterſcheiden und bearbeiteten und drech-
ſelten ſo lange die Buchſtaben und Sylben,
bis endlich ſo wie in der heiligen Schrift
herauskam was zu ſuchen war. Es iſt
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Vater. Ein guter Freund von Curland und
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778/20>, abgerufen am 23.11.2024.
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