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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778.

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eingewirckt hätte, allein es ging ihre Mei-
nung nicht durch. Warum predigt man
denn nicht mitten im Liede fragte mein Va-
ter? Meine Mutter konnte nichts dage-
gen singen.

Alles was wünschen konnte, wünschte
mir Glück nur Minchen nicht diese ging aus
N. 5. als ob sie nichts gehört hätte. Ihr
Scherflein, ein verstohlner Blick galt aber
mehr als alle übrige klingende Münze. Sie
hatte mich nach dieser Predigt noch lieber
als ehemals, ohne daß ich einsehen konnte
was eine Predigt auf die Liebe für einen Ein-
fluß haben könne.

Nach der Zeit erklärt' ich mir dieses
Räthsel. Das Frauenzimmer liebt Leute die
öffentlich reden und Geschäfte treiben: viel-
leicht weil es Herzhaftigkeit verräth, viel-
leicht weil die Ehre die auf den Verehrten
fält auf sie zurückprallt. Kurz ich gewann
bey Minchen. Ich hatte sie in der Predigt
angesehen ich hatte Gott in der Kirche (so
kam es ihr vielleicht vor) hiedurch zum Zeu-
gen unsrer Liebe angerufen. Wir waren
nur eine Seele vor der Predigt, nach der
Predigt war ich der Mann ihrer Seele und
sie das Weib der Meinigen. Im Küssen ka-

men
M 5

eingewirckt haͤtte, allein es ging ihre Mei-
nung nicht durch. Warum predigt man
denn nicht mitten im Liede fragte mein Va-
ter? Meine Mutter konnte nichts dage-
gen ſingen.

Alles was wuͤnſchen konnte, wuͤnſchte
mir Gluͤck nur Minchen nicht dieſe ging aus
N. 5. als ob ſie nichts gehoͤrt haͤtte. Ihr
Scherflein, ein verſtohlner Blick galt aber
mehr als alle uͤbrige klingende Muͤnze. Sie
hatte mich nach dieſer Predigt noch lieber
als ehemals, ohne daß ich einſehen konnte
was eine Predigt auf die Liebe fuͤr einen Ein-
fluß haben koͤnne.

Nach der Zeit erklaͤrt’ ich mir dieſes
Raͤthſel. Das Frauenzimmer liebt Leute die
oͤffentlich reden und Geſchaͤfte treiben: viel-
leicht weil es Herzhaftigkeit verraͤth, viel-
leicht weil die Ehre die auf den Verehrten
faͤlt auf ſie zuruͤckprallt. Kurz ich gewann
bey Minchen. Ich hatte ſie in der Predigt
angeſehen ich hatte Gott in der Kirche (ſo
kam es ihr vielleicht vor) hiedurch zum Zeu-
gen unſrer Liebe angerufen. Wir waren
nur eine Seele vor der Predigt, nach der
Predigt war ich der Mann ihrer Seele und
ſie das Weib der Meinigen. Im Kuͤſſen ka-

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[183/0191] eingewirckt haͤtte, allein es ging ihre Mei- nung nicht durch. Warum predigt man denn nicht mitten im Liede fragte mein Va- ter? Meine Mutter konnte nichts dage- gen ſingen. Alles was wuͤnſchen konnte, wuͤnſchte mir Gluͤck nur Minchen nicht dieſe ging aus N. 5. als ob ſie nichts gehoͤrt haͤtte. Ihr Scherflein, ein verſtohlner Blick galt aber mehr als alle uͤbrige klingende Muͤnze. Sie hatte mich nach dieſer Predigt noch lieber als ehemals, ohne daß ich einſehen konnte was eine Predigt auf die Liebe fuͤr einen Ein- fluß haben koͤnne. Nach der Zeit erklaͤrt’ ich mir dieſes Raͤthſel. Das Frauenzimmer liebt Leute die oͤffentlich reden und Geſchaͤfte treiben: viel- leicht weil es Herzhaftigkeit verraͤth, viel- leicht weil die Ehre die auf den Verehrten faͤlt auf ſie zuruͤckprallt. Kurz ich gewann bey Minchen. Ich hatte ſie in der Predigt angeſehen ich hatte Gott in der Kirche (ſo kam es ihr vielleicht vor) hiedurch zum Zeu- gen unſrer Liebe angerufen. Wir waren nur eine Seele vor der Predigt, nach der Predigt war ich der Mann ihrer Seele und ſie das Weib der Meinigen. Im Kuͤſſen ka- men M 5

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778/191>, abgerufen am 22.11.2024.