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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778.

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Himmel bestand aus einer Schaar heiliger
Sänger und Sängerinnen. Da pflegte sie
sonst zu mir zu sagen werden wir nicht reden,
sondern alles wird Musik seyn. Lauter Duet-
tos und Terzetten, Reeitativen und -- sie
wand indessen jetzo nur blos mit dem Kopfe
ein, den sie zuweilen von der Lincken zur
Rechten, wie die meisten Menschen ihre
Köpfe zu schütteln gewohnt sind, schüttelte.

Wenn mein Vater nur Etwas still hielte,
wolte sie anstimmen, indessen konnte sie kei-
nen Tackt zu Ende kommen mein Vater grif
beständig plötzlich an.

Es ist ein Gott! deine Seele ist sein
Hauch, er ist! er war! er wird seyn! Sein
Bevolmächtigter ist das Gewissen. Du fühlst
diesen Machthaber wenn du ihn gleich nicht
siehest als einen gegenwärtigen Zeugen, wenn
du im Stillen Gutes oder Böses thust. Er
ist mit dir er geleitet dich um dich dort als
Bürger in der Stadt Gottes einschreiben zu
lassen mit einem neuen Namen, der über alle
Namen in der Welt ist.

Gottes Güte seine Gerechtigkeit ist's daß
wir im Tode nicht gar aus sind, seine Barm-
herzigkeit hat kein Ende! Nun ist sie am
Morgen der Ewigkeit! Welch eine Sonne

die
K 3

Himmel beſtand aus einer Schaar heiliger
Saͤnger und Saͤngerinnen. Da pflegte ſie
ſonſt zu mir zu ſagen werden wir nicht reden,
ſondern alles wird Muſik ſeyn. Lauter Duet-
tos und Terzetten, Reeitativen und — ſie
wand indeſſen jetzo nur blos mit dem Kopfe
ein, den ſie zuweilen von der Lincken zur
Rechten, wie die meiſten Menſchen ihre
Koͤpfe zu ſchuͤtteln gewohnt ſind, ſchuͤttelte.

Wenn mein Vater nur Etwas ſtill hielte,
wolte ſie anſtimmen, indeſſen konnte ſie kei-
nen Tackt zu Ende kommen mein Vater grif
beſtaͤndig ploͤtzlich an.

Es iſt ein Gott! deine Seele iſt ſein
Hauch, er iſt! er war! er wird ſeyn! Sein
Bevolmaͤchtigter iſt das Gewiſſen. Du fuͤhlſt
dieſen Machthaber wenn du ihn gleich nicht
ſieheſt als einen gegenwaͤrtigen Zeugen, wenn
du im Stillen Gutes oder Boͤſes thuſt. Er
iſt mit dir er geleitet dich um dich dort als
Buͤrger in der Stadt Gottes einſchreiben zu
laſſen mit einem neuen Namen, der uͤber alle
Namen in der Welt iſt.

Gottes Guͤte ſeine Gerechtigkeit iſt’s daß
wir im Tode nicht gar aus ſind, ſeine Barm-
herzigkeit hat kein Ende! Nun iſt ſie am
Morgen der Ewigkeit! Welch eine Sonne

die
K 3
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[147/0155] Himmel beſtand aus einer Schaar heiliger Saͤnger und Saͤngerinnen. Da pflegte ſie ſonſt zu mir zu ſagen werden wir nicht reden, ſondern alles wird Muſik ſeyn. Lauter Duet- tos und Terzetten, Reeitativen und — ſie wand indeſſen jetzo nur blos mit dem Kopfe ein, den ſie zuweilen von der Lincken zur Rechten, wie die meiſten Menſchen ihre Koͤpfe zu ſchuͤtteln gewohnt ſind, ſchuͤttelte. Wenn mein Vater nur Etwas ſtill hielte, wolte ſie anſtimmen, indeſſen konnte ſie kei- nen Tackt zu Ende kommen mein Vater grif beſtaͤndig ploͤtzlich an. Es iſt ein Gott! deine Seele iſt ſein Hauch, er iſt! er war! er wird ſeyn! Sein Bevolmaͤchtigter iſt das Gewiſſen. Du fuͤhlſt dieſen Machthaber wenn du ihn gleich nicht ſieheſt als einen gegenwaͤrtigen Zeugen, wenn du im Stillen Gutes oder Boͤſes thuſt. Er iſt mit dir er geleitet dich um dich dort als Buͤrger in der Stadt Gottes einſchreiben zu laſſen mit einem neuen Namen, der uͤber alle Namen in der Welt iſt. Gottes Guͤte ſeine Gerechtigkeit iſt’s daß wir im Tode nicht gar aus ſind, ſeine Barm- herzigkeit hat kein Ende! Nun iſt ſie am Morgen der Ewigkeit! Welch eine Sonne die K 3

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778/155>, abgerufen am 24.11.2024.