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Heyse, Paul: Der Weinhüter von Meran. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 17. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 173–319. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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einem ist, wenn er mit seinem Schatz so mutterseelenallein unter freiem Himmel hinwandert; aber wenn Sie es auch einmal so gut gehabt hätten, zumal nach so langer Noth, würden Sie uns Beiden die Sünde nicht so schwer anrechnen, sondern uns das bischen Glück wohl gönnen, das so nicht lange gedauert hat. --

Er verstummte wieder und sah traurig vor sich hin. Der Hülfspriester schob den Teller zurück, seufzte einmal recht von Herzen auf und schenkte das Glas wieder voll, um es seinem Beichtkind hinzureichen. Der Bursch trank, seufzte dann ebenfalls und fuhr in seiner stillen eintönigen Weise fort:

Die erste Nacht haben wir auf einer Alm geschlafen, wo uns der Senner zu essen gab, auch nicht weiter fragte, wer wir wären; denn wie es zwischen uns stand, mochte er leicht errathen. Er hat uns auch am andern Morgen versprochen, keiner Menschenseele zu sagen, daß er uns in seiner Hütte beherbergt habe, und so gingen wir gutes Muths weiter im Hochgebirg und waren noch glückseliger und verliebter, als den Tag vorher. Die Gegend war mir ganz fremd, ich wußte aber, wenn wir immer gegen Westen zu wanderten, kämen wir zuletzt in die Schweiz, und weil sie da Freiheit haben, zu leben, wie sie wollen, und keine Polizei, dacht' ich einstweilen da zu bleiben, hatte auch keine Furcht, daß sie uns an der Grenze um unsern Paß fingen würden; denn wo wir gingen, hoch unter der Schneide der Berge hin, von Sennhütte zu Sennhütte,

einem ist, wenn er mit seinem Schatz so mutterseelenallein unter freiem Himmel hinwandert; aber wenn Sie es auch einmal so gut gehabt hätten, zumal nach so langer Noth, würden Sie uns Beiden die Sünde nicht so schwer anrechnen, sondern uns das bischen Glück wohl gönnen, das so nicht lange gedauert hat. —

Er verstummte wieder und sah traurig vor sich hin. Der Hülfspriester schob den Teller zurück, seufzte einmal recht von Herzen auf und schenkte das Glas wieder voll, um es seinem Beichtkind hinzureichen. Der Bursch trank, seufzte dann ebenfalls und fuhr in seiner stillen eintönigen Weise fort:

Die erste Nacht haben wir auf einer Alm geschlafen, wo uns der Senner zu essen gab, auch nicht weiter fragte, wer wir wären; denn wie es zwischen uns stand, mochte er leicht errathen. Er hat uns auch am andern Morgen versprochen, keiner Menschenseele zu sagen, daß er uns in seiner Hütte beherbergt habe, und so gingen wir gutes Muths weiter im Hochgebirg und waren noch glückseliger und verliebter, als den Tag vorher. Die Gegend war mir ganz fremd, ich wußte aber, wenn wir immer gegen Westen zu wanderten, kämen wir zuletzt in die Schweiz, und weil sie da Freiheit haben, zu leben, wie sie wollen, und keine Polizei, dacht' ich einstweilen da zu bleiben, hatte auch keine Furcht, daß sie uns an der Grenze um unsern Paß fingen würden; denn wo wir gingen, hoch unter der Schneide der Berge hin, von Sennhütte zu Sennhütte,

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[0113] einem ist, wenn er mit seinem Schatz so mutterseelenallein unter freiem Himmel hinwandert; aber wenn Sie es auch einmal so gut gehabt hätten, zumal nach so langer Noth, würden Sie uns Beiden die Sünde nicht so schwer anrechnen, sondern uns das bischen Glück wohl gönnen, das so nicht lange gedauert hat. — Er verstummte wieder und sah traurig vor sich hin. Der Hülfspriester schob den Teller zurück, seufzte einmal recht von Herzen auf und schenkte das Glas wieder voll, um es seinem Beichtkind hinzureichen. Der Bursch trank, seufzte dann ebenfalls und fuhr in seiner stillen eintönigen Weise fort: Die erste Nacht haben wir auf einer Alm geschlafen, wo uns der Senner zu essen gab, auch nicht weiter fragte, wer wir wären; denn wie es zwischen uns stand, mochte er leicht errathen. Er hat uns auch am andern Morgen versprochen, keiner Menschenseele zu sagen, daß er uns in seiner Hütte beherbergt habe, und so gingen wir gutes Muths weiter im Hochgebirg und waren noch glückseliger und verliebter, als den Tag vorher. Die Gegend war mir ganz fremd, ich wußte aber, wenn wir immer gegen Westen zu wanderten, kämen wir zuletzt in die Schweiz, und weil sie da Freiheit haben, zu leben, wie sie wollen, und keine Polizei, dacht' ich einstweilen da zu bleiben, hatte auch keine Furcht, daß sie uns an der Grenze um unsern Paß fingen würden; denn wo wir gingen, hoch unter der Schneide der Berge hin, von Sennhütte zu Sennhütte,

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T11:27:07Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T11:27:07Z)

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Zitationshilfe: Heyse, Paul: Der Weinhüter von Meran. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 17. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 173–319. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heyse_weinhueter_1910/113>, abgerufen am 22.11.2024.