Rock aber aufgeschürzt der Arbeit und wohl auch den hübschen kleinen Füßen zu Liebe.
Wie nun das schöne Geschöpf in seiner gleichmü¬ thigen Thätigkeit schon tiefer in das Gärtchen vor¬ geschritten war, erschien in der Thür des Hauses, die nach dem Garten offen gestanden, ein Mann, der an Gestalt und Wesen einen auffallenden Ge¬ gensatz zu dem jungen Weibe machte. Er war von mittlerem Wuchs, lebhaftem Blick und unregelmäßigen Zügen. Sein schwarzes Mäntelchen verdeckte schlecht die linke hohe Schulter, und seine Beine waren in sehr ungleichem Stil gebaut. Aber die ganze zusam¬ menhanglose Gestalt wurde durch Raschheit und Le¬ bendigkeit der Bewegung in Fluß gebracht, und um den Mund spielte ein Zug, der ihn im Spott ge¬ fährlich und in der Freundlichkeit hinreißend machen mußte.
Der Mann sah eine Weile der jungen Gärtnerin zu und schien sich ihrer Schönheit zu erfreuen. Er wiegte unschlüssig den Kopf. Endlich drückte er den barettartigen Hut mit der grünen Hahnenfeder tiefer in die Stirn und schritt hastig der Schönen nach.
Das junge Weib sah um, ihre Wangen färbten sich leise und die Augen begannen zu schimmern. Sie ließ die Hände sinken und sah dem Kommenden stumm entgegen.
Guten Tag, Marion, sagte der Mann in fast rauhem Ton. Ist Jemand außer dir im Garten?
Rock aber aufgeſchürzt der Arbeit und wohl auch den hübſchen kleinen Füßen zu Liebe.
Wie nun das ſchöne Geſchöpf in ſeiner gleichmü¬ thigen Thätigkeit ſchon tiefer in das Gärtchen vor¬ geſchritten war, erſchien in der Thür des Hauſes, die nach dem Garten offen geſtanden, ein Mann, der an Geſtalt und Weſen einen auffallenden Ge¬ genſatz zu dem jungen Weibe machte. Er war von mittlerem Wuchs, lebhaftem Blick und unregelmäßigen Zügen. Sein ſchwarzes Mäntelchen verdeckte ſchlecht die linke hohe Schulter, und ſeine Beine waren in ſehr ungleichem Stil gebaut. Aber die ganze zuſam¬ menhangloſe Geſtalt wurde durch Raſchheit und Le¬ bendigkeit der Bewegung in Fluß gebracht, und um den Mund ſpielte ein Zug, der ihn im Spott ge¬ fährlich und in der Freundlichkeit hinreißend machen mußte.
Der Mann ſah eine Weile der jungen Gärtnerin zu und ſchien ſich ihrer Schönheit zu erfreuen. Er wiegte unſchlüſſig den Kopf. Endlich drückte er den barettartigen Hut mit der grünen Hahnenfeder tiefer in die Stirn und ſchritt haſtig der Schönen nach.
Das junge Weib ſah um, ihre Wangen färbten ſich leiſe und die Augen begannen zu ſchimmern. Sie ließ die Hände ſinken und ſah dem Kommenden ſtumm entgegen.
Guten Tag, Marion, ſagte der Mann in faſt rauhem Ton. Iſt Jemand außer dir im Garten?
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0084"n="72"/>
Rock aber aufgeſchürzt der Arbeit und wohl auch den<lb/>
hübſchen kleinen Füßen zu Liebe.</p><lb/><p>Wie nun das ſchöne Geſchöpf in ſeiner gleichmü¬<lb/>
thigen Thätigkeit ſchon tiefer in das Gärtchen vor¬<lb/>
geſchritten war, erſchien in der Thür des Hauſes,<lb/>
die nach dem Garten offen geſtanden, ein Mann,<lb/>
der an Geſtalt und Weſen einen auffallenden Ge¬<lb/>
genſatz zu dem jungen Weibe machte. Er war von<lb/>
mittlerem Wuchs, lebhaftem Blick und unregelmäßigen<lb/>
Zügen. Sein ſchwarzes Mäntelchen verdeckte ſchlecht<lb/>
die linke hohe Schulter, und ſeine Beine waren in<lb/>ſehr ungleichem Stil gebaut. Aber die ganze zuſam¬<lb/>
menhangloſe Geſtalt wurde durch Raſchheit und Le¬<lb/>
bendigkeit der Bewegung in Fluß gebracht, und um<lb/>
den Mund ſpielte ein Zug, der ihn im Spott ge¬<lb/>
fährlich und in der Freundlichkeit hinreißend machen<lb/>
mußte.</p><lb/><p>Der Mann ſah eine Weile der jungen Gärtnerin<lb/>
zu und ſchien ſich ihrer Schönheit zu erfreuen. Er<lb/>
wiegte unſchlüſſig den Kopf. Endlich drückte er den<lb/>
barettartigen Hut mit der grünen Hahnenfeder tiefer<lb/>
in die Stirn und ſchritt haſtig der Schönen nach.</p><lb/><p>Das junge Weib ſah um, ihre Wangen färbten<lb/>ſich leiſe und die Augen begannen zu ſchimmern. Sie<lb/>
ließ die Hände ſinken und ſah dem Kommenden ſtumm<lb/>
entgegen.</p><lb/><p>Guten Tag, Marion, ſagte der Mann in faſt<lb/>
rauhem Ton. Iſt Jemand außer dir im Garten?</p><lb/></div></body></text></TEI>
[72/0084]
Rock aber aufgeſchürzt der Arbeit und wohl auch den
hübſchen kleinen Füßen zu Liebe.
Wie nun das ſchöne Geſchöpf in ſeiner gleichmü¬
thigen Thätigkeit ſchon tiefer in das Gärtchen vor¬
geſchritten war, erſchien in der Thür des Hauſes,
die nach dem Garten offen geſtanden, ein Mann,
der an Geſtalt und Weſen einen auffallenden Ge¬
genſatz zu dem jungen Weibe machte. Er war von
mittlerem Wuchs, lebhaftem Blick und unregelmäßigen
Zügen. Sein ſchwarzes Mäntelchen verdeckte ſchlecht
die linke hohe Schulter, und ſeine Beine waren in
ſehr ungleichem Stil gebaut. Aber die ganze zuſam¬
menhangloſe Geſtalt wurde durch Raſchheit und Le¬
bendigkeit der Bewegung in Fluß gebracht, und um
den Mund ſpielte ein Zug, der ihn im Spott ge¬
fährlich und in der Freundlichkeit hinreißend machen
mußte.
Der Mann ſah eine Weile der jungen Gärtnerin
zu und ſchien ſich ihrer Schönheit zu erfreuen. Er
wiegte unſchlüſſig den Kopf. Endlich drückte er den
barettartigen Hut mit der grünen Hahnenfeder tiefer
in die Stirn und ſchritt haſtig der Schönen nach.
Das junge Weib ſah um, ihre Wangen färbten
ſich leiſe und die Augen begannen zu ſchimmern. Sie
ließ die Hände ſinken und ſah dem Kommenden ſtumm
entgegen.
Guten Tag, Marion, ſagte der Mann in faſt
rauhem Ton. Iſt Jemand außer dir im Garten?
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Heyse, Paul: Novellen. Berlin, 1855, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heyse_novellen_1855/84>, abgerufen am 25.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.