Heyse, Paul: Novellen. Berlin, 1855.Rock aber aufgeschürzt der Arbeit und wohl auch den Wie nun das schöne Geschöpf in seiner gleichmü¬ Der Mann sah eine Weile der jungen Gärtnerin Das junge Weib sah um, ihre Wangen färbten Guten Tag, Marion, sagte der Mann in fast Rock aber aufgeſchürzt der Arbeit und wohl auch den Wie nun das ſchöne Geſchöpf in ſeiner gleichmü¬ Der Mann ſah eine Weile der jungen Gärtnerin Das junge Weib ſah um, ihre Wangen färbten Guten Tag, Marion, ſagte der Mann in faſt <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0084" n="72"/> Rock aber aufgeſchürzt der Arbeit und wohl auch den<lb/> hübſchen kleinen Füßen zu Liebe.</p><lb/> <p>Wie nun das ſchöne Geſchöpf in ſeiner gleichmü¬<lb/> thigen Thätigkeit ſchon tiefer in das Gärtchen vor¬<lb/> geſchritten war, erſchien in der Thür des Hauſes,<lb/> die nach dem Garten offen geſtanden, ein Mann,<lb/> der an Geſtalt und Weſen einen auffallenden Ge¬<lb/> genſatz zu dem jungen Weibe machte. Er war von<lb/> mittlerem Wuchs, lebhaftem Blick und unregelmäßigen<lb/> Zügen. Sein ſchwarzes Mäntelchen verdeckte ſchlecht<lb/> die linke hohe Schulter, und ſeine Beine waren in<lb/> ſehr ungleichem Stil gebaut. Aber die ganze zuſam¬<lb/> menhangloſe Geſtalt wurde durch Raſchheit und Le¬<lb/> bendigkeit der Bewegung in Fluß gebracht, und um<lb/> den Mund ſpielte ein Zug, der ihn im Spott ge¬<lb/> fährlich und in der Freundlichkeit hinreißend machen<lb/> mußte.</p><lb/> <p>Der Mann ſah eine Weile der jungen Gärtnerin<lb/> zu und ſchien ſich ihrer Schönheit zu erfreuen. Er<lb/> wiegte unſchlüſſig den Kopf. Endlich drückte er den<lb/> barettartigen Hut mit der grünen Hahnenfeder tiefer<lb/> in die Stirn und ſchritt haſtig der Schönen nach.</p><lb/> <p>Das junge Weib ſah um, ihre Wangen färbten<lb/> ſich leiſe und die Augen begannen zu ſchimmern. Sie<lb/> ließ die Hände ſinken und ſah dem Kommenden ſtumm<lb/> entgegen.</p><lb/> <p>Guten Tag, Marion, ſagte der Mann in faſt<lb/> rauhem Ton. Iſt Jemand außer dir im Garten?</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [72/0084]
Rock aber aufgeſchürzt der Arbeit und wohl auch den
hübſchen kleinen Füßen zu Liebe.
Wie nun das ſchöne Geſchöpf in ſeiner gleichmü¬
thigen Thätigkeit ſchon tiefer in das Gärtchen vor¬
geſchritten war, erſchien in der Thür des Hauſes,
die nach dem Garten offen geſtanden, ein Mann,
der an Geſtalt und Weſen einen auffallenden Ge¬
genſatz zu dem jungen Weibe machte. Er war von
mittlerem Wuchs, lebhaftem Blick und unregelmäßigen
Zügen. Sein ſchwarzes Mäntelchen verdeckte ſchlecht
die linke hohe Schulter, und ſeine Beine waren in
ſehr ungleichem Stil gebaut. Aber die ganze zuſam¬
menhangloſe Geſtalt wurde durch Raſchheit und Le¬
bendigkeit der Bewegung in Fluß gebracht, und um
den Mund ſpielte ein Zug, der ihn im Spott ge¬
fährlich und in der Freundlichkeit hinreißend machen
mußte.
Der Mann ſah eine Weile der jungen Gärtnerin
zu und ſchien ſich ihrer Schönheit zu erfreuen. Er
wiegte unſchlüſſig den Kopf. Endlich drückte er den
barettartigen Hut mit der grünen Hahnenfeder tiefer
in die Stirn und ſchritt haſtig der Schönen nach.
Das junge Weib ſah um, ihre Wangen färbten
ſich leiſe und die Augen begannen zu ſchimmern. Sie
ließ die Hände ſinken und ſah dem Kommenden ſtumm
entgegen.
Guten Tag, Marion, ſagte der Mann in faſt
rauhem Ton. Iſt Jemand außer dir im Garten?
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