nicht so ganz, wie es dich aufbringen muß, für sie nicht Alles zu thun. Unterbrich mich nicht. Glaube nicht, daß die Furcht mit im Spiele sei, du könntest mir um ihretwillen den Rest der Freundschaft ent¬ ziehen, den du mir in den letzten trennenden Jahren bewahrt haben magst. Ich gönne ihr dich ganz, wenn sie dich glücklich macht. Aber du darfst das um ihret¬ willen nicht thun was du thun willst, und wäre sie dir theurer, als Vater und Mutter. Du darfst nicht im Zorn aus deiner Eltern Hause gehen, das sich dir dann auf immer verschließt. Dein Vater ist alt und wird seine Grundsätze mit ins Grab nehmen. Er hätte dir den Kern und den Inhalt seines ganzen Lebens zu opfern, wenn er nachgäbe. Du opferst ihm die flüchtige Achtung, die du in den Augen fremder Menschen besitzest. Denn wenn jenes Mäd¬ chen, das du liebst, sich von dir lossagen könnte, weil du die alten Tage deines Vaters nicht verbit¬ tern wollest, -- so wäre sie deiner nie werth gewesen!"
Die Stimme versagte ihr. Er hatte sich auf ei¬ nen Stuhl geworfen und stöhnte heftig. Sie stand noch immer nahe an der Thür und wartete, was er sagen würde. Auf ihrer Stirn lag ein seltsam ge¬ spannter Zug, als horche sie mit den Augen zu ihm hinüber. Plötzlich sprang er auf, trat zu ihr, legte ihr beide Hände auf die Schultern, und rief: "Für dich wollt' ich's thun, nnd für dich bezwing' ich mein
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nicht ſo ganz, wie es dich aufbringen muß, für ſie nicht Alles zu thun. Unterbrich mich nicht. Glaube nicht, daß die Furcht mit im Spiele ſei, du könnteſt mir um ihretwillen den Reſt der Freundſchaft ent¬ ziehen, den du mir in den letzten trennenden Jahren bewahrt haben magſt. Ich gönne ihr dich ganz, wenn ſie dich glücklich macht. Aber du darfſt das um ihret¬ willen nicht thun was du thun willſt, und wäre ſie dir theurer, als Vater und Mutter. Du darfſt nicht im Zorn aus deiner Eltern Hauſe gehen, das ſich dir dann auf immer verſchließt. Dein Vater iſt alt und wird ſeine Grundſätze mit ins Grab nehmen. Er hätte dir den Kern und den Inhalt ſeines ganzen Lebens zu opfern, wenn er nachgäbe. Du opferſt ihm die flüchtige Achtung, die du in den Augen fremder Menſchen beſitzeſt. Denn wenn jenes Mäd¬ chen, das du liebſt, ſich von dir losſagen könnte, weil du die alten Tage deines Vaters nicht verbit¬ tern wolleſt, — ſo wäre ſie deiner nie werth geweſen!“
Die Stimme verſagte ihr. Er hatte ſich auf ei¬ nen Stuhl geworfen und ſtöhnte heftig. Sie ſtand noch immer nahe an der Thür und wartete, was er ſagen würde. Auf ihrer Stirn lag ein ſeltſam ge¬ ſpannter Zug, als horche ſie mit den Augen zu ihm hinüber. Plötzlich ſprang er auf, trat zu ihr, legte ihr beide Hände auf die Schultern, und rief: „Für dich wollt' ich's thun, nnd für dich bezwing' ich mein
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nicht ſo ganz, wie es dich aufbringen muß, für ſie
nicht Alles zu thun. Unterbrich mich nicht. Glaube
nicht, daß die Furcht mit im Spiele ſei, du könnteſt
mir um ihretwillen den Reſt der Freundſchaft ent¬
ziehen, den du mir in den letzten trennenden Jahren
bewahrt haben magſt. Ich gönne ihr dich ganz, wenn
ſie dich glücklich macht. Aber du darfſt das um ihret¬
willen nicht thun was du thun willſt, und wäre ſie
dir theurer, als Vater und Mutter. Du darfſt nicht
im Zorn aus deiner Eltern Hauſe gehen, das ſich
dir dann auf immer verſchließt. Dein Vater iſt alt
und wird ſeine Grundſätze mit ins Grab nehmen.
Er hätte dir den Kern und den Inhalt ſeines ganzen
Lebens zu opfern, wenn er nachgäbe. Du opferſt
ihm die flüchtige Achtung, die du in den Augen
fremder Menſchen beſitzeſt. Denn wenn jenes Mäd¬
chen, das du liebſt, ſich von dir losſagen könnte,
weil du die alten Tage deines Vaters nicht verbit¬
tern wolleſt, — ſo wäre ſie deiner nie werth geweſen!“
Die Stimme verſagte ihr. Er hatte ſich auf ei¬
nen Stuhl geworfen und ſtöhnte heftig. Sie ſtand
noch immer nahe an der Thür und wartete, was er
ſagen würde. Auf ihrer Stirn lag ein ſeltſam ge¬
ſpannter Zug, als horche ſie mit den Augen zu ihm
hinüber. Plötzlich ſprang er auf, trat zu ihr, legte
ihr beide Hände auf die Schultern, und rief: „Für
dich wollt' ich's thun, nnd für dich bezwing' ich mein
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Heyse, Paul: Novellen. Berlin, 1855, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heyse_novellen_1855/77>, abgerufen am 25.07.2024.
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