Heyse, Paul: Novellen. Berlin, 1855.nicht so ganz, wie es dich aufbringen muß, für sie Die Stimme versagte ihr. Er hatte sich auf ei¬ 5
nicht ſo ganz, wie es dich aufbringen muß, für ſie Die Stimme verſagte ihr. Er hatte ſich auf ei¬ 5
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0077" n="65"/> nicht ſo ganz, wie es dich aufbringen muß, für ſie<lb/> nicht Alles zu thun. Unterbrich mich nicht. Glaube<lb/> nicht, daß die Furcht mit im Spiele ſei, du könnteſt<lb/> mir um ihretwillen den Reſt der Freundſchaft ent¬<lb/> ziehen, den du mir in den letzten trennenden Jahren<lb/> bewahrt haben magſt. Ich gönne ihr dich ganz, wenn<lb/> ſie dich glücklich macht. Aber du darfſt das um ihret¬<lb/> willen nicht thun was du thun willſt, und wäre ſie<lb/> dir theurer, als Vater und Mutter. Du darfſt nicht<lb/> im Zorn aus deiner Eltern Hauſe gehen, das ſich<lb/> dir dann auf immer verſchließt. Dein Vater iſt alt<lb/> und wird ſeine Grundſätze mit ins Grab nehmen.<lb/> Er hätte dir den Kern und den Inhalt ſeines ganzen<lb/> Lebens zu opfern, wenn er nachgäbe. <hi rendition="#g">Du</hi> opferſt<lb/> ihm die flüchtige Achtung, die du in den Augen<lb/> fremder Menſchen beſitzeſt. Denn wenn jenes Mäd¬<lb/> chen, das du liebſt, ſich von dir losſagen könnte,<lb/> weil du die alten Tage deines Vaters nicht verbit¬<lb/> tern wolleſt, — ſo wäre ſie deiner nie werth geweſen!“</p><lb/> <p>Die Stimme verſagte ihr. Er hatte ſich auf ei¬<lb/> nen Stuhl geworfen und ſtöhnte heftig. Sie ſtand<lb/> noch immer nahe an der Thür und wartete, was er<lb/> ſagen würde. Auf ihrer Stirn lag ein ſeltſam ge¬<lb/> ſpannter Zug, als horche ſie mit den Augen zu ihm<lb/> hinüber. Plötzlich ſprang er auf, trat zu ihr, legte<lb/> ihr beide Hände auf die Schultern, und rief: „Für<lb/> dich wollt' ich's thun, nnd für dich bezwing' ich mein<lb/> <fw place="bottom" type="sig">5<lb/></fw> </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [65/0077]
nicht ſo ganz, wie es dich aufbringen muß, für ſie
nicht Alles zu thun. Unterbrich mich nicht. Glaube
nicht, daß die Furcht mit im Spiele ſei, du könnteſt
mir um ihretwillen den Reſt der Freundſchaft ent¬
ziehen, den du mir in den letzten trennenden Jahren
bewahrt haben magſt. Ich gönne ihr dich ganz, wenn
ſie dich glücklich macht. Aber du darfſt das um ihret¬
willen nicht thun was du thun willſt, und wäre ſie
dir theurer, als Vater und Mutter. Du darfſt nicht
im Zorn aus deiner Eltern Hauſe gehen, das ſich
dir dann auf immer verſchließt. Dein Vater iſt alt
und wird ſeine Grundſätze mit ins Grab nehmen.
Er hätte dir den Kern und den Inhalt ſeines ganzen
Lebens zu opfern, wenn er nachgäbe. Du opferſt
ihm die flüchtige Achtung, die du in den Augen
fremder Menſchen beſitzeſt. Denn wenn jenes Mäd¬
chen, das du liebſt, ſich von dir losſagen könnte,
weil du die alten Tage deines Vaters nicht verbit¬
tern wolleſt, — ſo wäre ſie deiner nie werth geweſen!“
Die Stimme verſagte ihr. Er hatte ſich auf ei¬
nen Stuhl geworfen und ſtöhnte heftig. Sie ſtand
noch immer nahe an der Thür und wartete, was er
ſagen würde. Auf ihrer Stirn lag ein ſeltſam ge¬
ſpannter Zug, als horche ſie mit den Augen zu ihm
hinüber. Plötzlich ſprang er auf, trat zu ihr, legte
ihr beide Hände auf die Schultern, und rief: „Für
dich wollt' ich's thun, nnd für dich bezwing' ich mein
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