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Heyse, Paul: Novellen. Berlin, 1855.

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werden. Glaube nicht, daß ich ihr was thun will.
Aber weißt du, zuweilen denk ich, wenn sie einen
lieb hätte, das müßte eigen sein. So eine, die nicht
sieht, die nur Gefühl ist, und Gefühl wie es sonst
nirgend so fein und stark und reizbar gefunden wird,
wenn die einem um den Hals fiele, es müßte ihr
und ihm sonderbar wohl thun."

"Du thätest besser, deine Gedanken für dich zu
behalten."

"Warum? Wem schaden sie? Und wem schadet's,
wenn ich sie am Ende ein bischen in mich verliebt mache,
um zu sehen, wie die Nerven sich dann aus der Ver¬
legenheit ziehen? So vieles von dem innern Feuer
verdampft sonst durch die Augen; hier aber" -- --

"Ich verbitte mir, daß du mit ihr experimentirst,"
fuhr Clemens auf. "Ich sage dir in allem Ernste,
daß ich dergleichen in Zukunft weder hören noch sehen
will. Danach richte dich!"

Wolf sah ihn blinzend von der Seite an, faßte
ihn am Arm und sagte lachend: "Ich glaube gar, du
bist in das Mädchen verliebt und willst das Experi¬
mentiren dir selber vorbehalten. Seit wann bist du
denn so ekel? Hast du mich doch sonst ausgehört,
wenn ich dir sagte was ich von den Weibern halte."

"Ich bin nicht dein Erzieher; was habe ich mit
deinen unsaubern Gedanken zu schaffen? Aber daß
du jemand damit beschmutzest, der mir nahe steht,

werden. Glaube nicht, daß ich ihr was thun will.
Aber weißt du, zuweilen denk ich, wenn ſie einen
lieb hätte, das müßte eigen ſein. So eine, die nicht
ſieht, die nur Gefühl iſt, und Gefühl wie es ſonſt
nirgend ſo fein und ſtark und reizbar gefunden wird,
wenn die einem um den Hals fiele, es müßte ihr
und ihm ſonderbar wohl thun.“

„Du thäteſt beſſer, deine Gedanken für dich zu
behalten.“

„Warum? Wem ſchaden ſie? Und wem ſchadet's,
wenn ich ſie am Ende ein bischen in mich verliebt mache,
um zu ſehen, wie die Nerven ſich dann aus der Ver¬
legenheit ziehen? So vieles von dem innern Feuer
verdampft ſonſt durch die Augen; hier aber“ — —

„Ich verbitte mir, daß du mit ihr experimentirſt,“
fuhr Clemens auf. „Ich ſage dir in allem Ernſte,
daß ich dergleichen in Zukunft weder hören noch ſehen
will. Danach richte dich!“

Wolf ſah ihn blinzend von der Seite an, faßte
ihn am Arm und ſagte lachend: „Ich glaube gar, du
biſt in das Mädchen verliebt und willſt das Experi¬
mentiren dir ſelber vorbehalten. Seit wann biſt du
denn ſo ekel? Haſt du mich doch ſonſt ausgehört,
wenn ich dir ſagte was ich von den Weibern halte.“

„Ich bin nicht dein Erzieher; was habe ich mit
deinen unſaubern Gedanken zu ſchaffen? Aber daß
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[58/0070] werden. Glaube nicht, daß ich ihr was thun will. Aber weißt du, zuweilen denk ich, wenn ſie einen lieb hätte, das müßte eigen ſein. So eine, die nicht ſieht, die nur Gefühl iſt, und Gefühl wie es ſonſt nirgend ſo fein und ſtark und reizbar gefunden wird, wenn die einem um den Hals fiele, es müßte ihr und ihm ſonderbar wohl thun.“ „Du thäteſt beſſer, deine Gedanken für dich zu behalten.“ „Warum? Wem ſchaden ſie? Und wem ſchadet's, wenn ich ſie am Ende ein bischen in mich verliebt mache, um zu ſehen, wie die Nerven ſich dann aus der Ver¬ legenheit ziehen? So vieles von dem innern Feuer verdampft ſonſt durch die Augen; hier aber“ — — „Ich verbitte mir, daß du mit ihr experimentirſt,“ fuhr Clemens auf. „Ich ſage dir in allem Ernſte, daß ich dergleichen in Zukunft weder hören noch ſehen will. Danach richte dich!“ Wolf ſah ihn blinzend von der Seite an, faßte ihn am Arm und ſagte lachend: „Ich glaube gar, du biſt in das Mädchen verliebt und willſt das Experi¬ mentiren dir ſelber vorbehalten. Seit wann biſt du denn ſo ekel? Haſt du mich doch ſonſt ausgehört, wenn ich dir ſagte was ich von den Weibern halte.“ „Ich bin nicht dein Erzieher; was habe ich mit deinen unſaubern Gedanken zu ſchaffen? Aber daß du jemand damit beſchmutzeſt, der mir nahe ſteht,

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Zitationshilfe: Heyse, Paul: Novellen. Berlin, 1855, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heyse_novellen_1855/70>, abgerufen am 23.11.2024.