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Heyse, Paul: Novellen. Berlin, 1855.

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ligen, dte ihr neue Götter macht für das Volk und
im Herzen euch selbst anbetet. Eure Tage sind ge¬
zählt!" -- Er ging zur Thür, seine kahle Stirn war
geröthet, er sah Clemens nicht an, der bestürzt zu
Boden starrte. Plötzlich fühlte er die Hand des Va¬
ters auf seiner Schulter.

"Sage mir offen, mein Sohn, bist du schon so
weit wie Jene, von deren Treiben ich mit Schau¬
dern gelesen habe? Hältst du schon, wo die saubern
Materialisten halten, daß du der Wunder lachst und
der Geist dir ein Märchen ist, das die Dinge ein¬
ander erzählen und dem der Mensch zuhört? Hat
weder deine Jugend, noch die Saat der Dankbarkeit,
die Gott dir ins Herz gesät, das Unkraut ersticken
können? Antworte mir, Clemens!"

"Vater," sagte der junge Mann nach einigem Be¬
sinnen, "wie soll ich darauf antworten? Ein ganzes
Leben hab' ich darangesetzt, über diese Frage nach¬
zudenken. Ich habe sie von Männern, die ich ver¬
ehre, auf jede Weise beantworten hören. Unter mei¬
nen liebsten Freunden bekennen sich Einige zu jener
Ansicht, die du verdammst. Ich höre und lerne, und
wage noch nicht zu urtheilen."

"Wer nicht für mich ist, der ist wider mich, spricht
der Herr."

"Wie könnt' ich wider ihn sein? Wie könnt' ich
wider den Geist sein? Wer läugnet überhaupt den

ligen, dte ihr neue Götter macht für das Volk und
im Herzen euch ſelbſt anbetet. Eure Tage ſind ge¬
zählt!“ — Er ging zur Thür, ſeine kahle Stirn war
geröthet, er ſah Clemens nicht an, der beſtürzt zu
Boden ſtarrte. Plötzlich fühlte er die Hand des Va¬
ters auf ſeiner Schulter.

„Sage mir offen, mein Sohn, biſt du ſchon ſo
weit wie Jene, von deren Treiben ich mit Schau¬
dern geleſen habe? Hältſt du ſchon, wo die ſaubern
Materialiſten halten, daß du der Wunder lachſt und
der Geiſt dir ein Märchen iſt, das die Dinge ein¬
ander erzählen und dem der Menſch zuhört? Hat
weder deine Jugend, noch die Saat der Dankbarkeit,
die Gott dir ins Herz geſät, das Unkraut erſticken
können? Antworte mir, Clemens!“

„Vater,“ ſagte der junge Mann nach einigem Be¬
ſinnen, „wie ſoll ich darauf antworten? Ein ganzes
Leben hab' ich darangeſetzt, über dieſe Frage nach¬
zudenken. Ich habe ſie von Männern, die ich ver¬
ehre, auf jede Weiſe beantworten hören. Unter mei¬
nen liebſten Freunden bekennen ſich Einige zu jener
Anſicht, die du verdammſt. Ich höre und lerne, und
wage noch nicht zu urtheilen.“

„Wer nicht für mich iſt, der iſt wider mich, ſpricht
der Herr.“

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[47/0059] ligen, dte ihr neue Götter macht für das Volk und im Herzen euch ſelbſt anbetet. Eure Tage ſind ge¬ zählt!“ — Er ging zur Thür, ſeine kahle Stirn war geröthet, er ſah Clemens nicht an, der beſtürzt zu Boden ſtarrte. Plötzlich fühlte er die Hand des Va¬ ters auf ſeiner Schulter. „Sage mir offen, mein Sohn, biſt du ſchon ſo weit wie Jene, von deren Treiben ich mit Schau¬ dern geleſen habe? Hältſt du ſchon, wo die ſaubern Materialiſten halten, daß du der Wunder lachſt und der Geiſt dir ein Märchen iſt, das die Dinge ein¬ ander erzählen und dem der Menſch zuhört? Hat weder deine Jugend, noch die Saat der Dankbarkeit, die Gott dir ins Herz geſät, das Unkraut erſticken können? Antworte mir, Clemens!“ „Vater,“ ſagte der junge Mann nach einigem Be¬ ſinnen, „wie ſoll ich darauf antworten? Ein ganzes Leben hab' ich darangeſetzt, über dieſe Frage nach¬ zudenken. Ich habe ſie von Männern, die ich ver¬ ehre, auf jede Weiſe beantworten hören. Unter mei¬ nen liebſten Freunden bekennen ſich Einige zu jener Anſicht, die du verdammſt. Ich höre und lerne, und wage noch nicht zu urtheilen.“ „Wer nicht für mich iſt, der iſt wider mich, ſpricht der Herr.“ „Wie könnt' ich wider ihn ſein? Wie könnt' ich wider den Geiſt ſein? Wer läugnet überhaupt den

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Zitationshilfe: Heyse, Paul: Novellen. Berlin, 1855, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heyse_novellen_1855/59>, abgerufen am 23.12.2024.