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Heyse, Paul: Novellen. Berlin, 1855.

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recht anfängt. Schändlich ist es und bleibt es, und
-- süßes Herz -- so gern ich wollte, ich kann nichts
von Allem zurücknehmen, was ich im ersten Zorn
gegen ihn gesagt habe. Indessen, unser Herrgott hat
schon andere Sünder erleuchtet. Wenn er nur mehr
Religion hätte! Ihr müßt mir zugeben, daß ich ihm
das schon oft vorgeworfen habe, und nun seh' ich,
wie sehr ich Recht hatte. Schande über ihn, daß er
Euch so wenig ehrt, Kind, Schande fürwahr! Ich
sah mich um; zum Glück saßen in unsrer Nähe keine
Bekannte von Euch, denn die Meisten von der guten
Gesellschaft, wenn sie nicht das Volk studiren wollen,
gehen nicht auf diesen Platz, sondern in die getrenn¬
ten Logen. Aber mir hat er das ganze Schauspiel
verdorben, das vergess' ich ihm nicht, Dear me, wenn
Ihr mit mir gewesen wärt, Ihr wäret gestorben auf
der Stelle. Meint Ihr, daß er Ein Auge von ihr
gelassen? Und sie schienen sich zu kennen, eine alte
Passion; und das wäre noch zu seiner Entschuldi¬
gung. Denn er wird genug Mädchen schön gefunden
haben, ehe er Euch kennen lernte. Aber man achtet
doch auf sich, zumal öffentlich, und thut als kenne
man sich nicht wieder. Nun nun, Kind, wenn Ihr
mit ihm redet, ernsthaft und ein für alle Mal, so
wird er in sich gehn. Aber wenn Ihr es nicht thut
-- so gern ich es Euch ersparte -- meine Grundsätze
verlangen dann, daß ich es Euern Eltern anheim¬

recht anfängt. Schändlich iſt es und bleibt es, und
— ſüßes Herz — ſo gern ich wollte, ich kann nichts
von Allem zurücknehmen, was ich im erſten Zorn
gegen ihn geſagt habe. Indeſſen, unſer Herrgott hat
ſchon andere Sünder erleuchtet. Wenn er nur mehr
Religion hätte! Ihr müßt mir zugeben, daß ich ihm
das ſchon oft vorgeworfen habe, und nun ſeh' ich,
wie ſehr ich Recht hatte. Schande über ihn, daß er
Euch ſo wenig ehrt, Kind, Schande fürwahr! Ich
ſah mich um; zum Glück ſaßen in unſrer Nähe keine
Bekannte von Euch, denn die Meiſten von der guten
Geſellſchaft, wenn ſie nicht das Volk ſtudiren wollen,
gehen nicht auf dieſen Platz, ſondern in die getrenn¬
ten Logen. Aber mir hat er das ganze Schauſpiel
verdorben, das vergeſſ' ich ihm nicht, Dear me, wenn
Ihr mit mir geweſen wärt, Ihr wäret geſtorben auf
der Stelle. Meint Ihr, daß er Ein Auge von ihr
gelaſſen? Und ſie ſchienen ſich zu kennen, eine alte
Paſſion; und das wäre noch zu ſeiner Entſchuldi¬
gung. Denn er wird genug Mädchen ſchön gefunden
haben, ehe er Euch kennen lernte. Aber man achtet
doch auf ſich, zumal öffentlich, und thut als kenne
man ſich nicht wieder. Nun nun, Kind, wenn Ihr
mit ihm redet, ernſthaft und ein für alle Mal, ſo
wird er in ſich gehn. Aber wenn Ihr es nicht thut
— ſo gern ich es Euch erſparte — meine Grundſätze
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[200/0212] recht anfängt. Schändlich iſt es und bleibt es, und — ſüßes Herz — ſo gern ich wollte, ich kann nichts von Allem zurücknehmen, was ich im erſten Zorn gegen ihn geſagt habe. Indeſſen, unſer Herrgott hat ſchon andere Sünder erleuchtet. Wenn er nur mehr Religion hätte! Ihr müßt mir zugeben, daß ich ihm das ſchon oft vorgeworfen habe, und nun ſeh' ich, wie ſehr ich Recht hatte. Schande über ihn, daß er Euch ſo wenig ehrt, Kind, Schande fürwahr! Ich ſah mich um; zum Glück ſaßen in unſrer Nähe keine Bekannte von Euch, denn die Meiſten von der guten Geſellſchaft, wenn ſie nicht das Volk ſtudiren wollen, gehen nicht auf dieſen Platz, ſondern in die getrenn¬ ten Logen. Aber mir hat er das ganze Schauſpiel verdorben, das vergeſſ' ich ihm nicht, Dear me, wenn Ihr mit mir geweſen wärt, Ihr wäret geſtorben auf der Stelle. Meint Ihr, daß er Ein Auge von ihr gelaſſen? Und ſie ſchienen ſich zu kennen, eine alte Paſſion; und das wäre noch zu ſeiner Entſchuldi¬ gung. Denn er wird genug Mädchen ſchön gefunden haben, ehe er Euch kennen lernte. Aber man achtet doch auf ſich, zumal öffentlich, und thut als kenne man ſich nicht wieder. Nun nun, Kind, wenn Ihr mit ihm redet, ernſthaft und ein für alle Mal, ſo wird er in ſich gehn. Aber wenn Ihr es nicht thut — ſo gern ich es Euch erſparte — meine Grundſätze verlangen dann, daß ich es Euern Eltern anheim¬

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Zitationshilfe: Heyse, Paul: Novellen. Berlin, 1855, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heyse_novellen_1855/212>, abgerufen am 27.11.2024.