Heyse, Paul: Novellen. Berlin, 1855.Abend, Sor Carlo! rief sie. Wie geht's? Ihr kommt Und der dich in die Hölle schicken wird, verruchte Was ich habe? schäumte Bianchi und stieß sie 13
Abend, Sor Carlo! rief ſie. Wie geht's? Ihr kommt Und der dich in die Hölle ſchicken wird, verruchte Was ich habe? ſchäumte Bianchi und ſtieß ſie 13
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0205" n="193"/> Abend, Sor Carlo! rief ſie. Wie geht's? Ihr kommt<lb/> zur rechten Zeit. Das arme thörichte Ding da, kein<lb/> Liebchen wollt' ihm glücken, keine Saite ſtimmte; der<lb/> Schelm, der Vogel, den ſie doch auch von Euch hat,<lb/> ſang ihr zu laut; Tochter, ſagt' ich, er kommt ja,<lb/> den du lieber haſt als deine Augen, Närrchen das<lb/> du biſt! — Nenna, ſagte ſie, mir bangt ſo; und,<lb/> ſagte ſie, das Herz ſchlägt mir ſo, ich weiß nicht<lb/> wovon. — Still! ſtill! ſagt' ich, du biſt ein Kind.<lb/> Einen Herrn zu haben, der dich auf Händen trägt,<lb/> ſagt' ich, der dich hegt und pflegt wie ſein eigen<lb/> Herz —</p><lb/> <p>Und der dich in die Hölle ſchicken wird, verruchte<lb/> Hexe! ſchrie Bianchi und trat hart an ſie heran. Du<lb/> Gift! du Niedertracht! dank es deinen grauen<lb/> Haaren, daß ich dich meine Fäuſte nicht empfinden<lb/> laſſe. — Er ſchüttelte ſie heftig bei der Schulter, die<lb/> Ader an der Stirn lief ihm glühend an. Die Alte<lb/> fuhr zuſammen und blinzte ihn an. Macht nicht ſo<lb/> ſchlechte Späße mit einer alten Frau, ſagte ſie ſtot¬<lb/> ternd. Ihr habt mich erſchreckt, daß ich die Gicht<lb/> davon haben werde. Was? Redet ſänftlich, Sor<lb/> Carlo, und führt nicht ſo unchriſtliche Worte im<lb/> Mund, daß man ſich kreuzen und ſegnen möchte!<lb/> Was habt Ihr mit der armen Nenna?</p><lb/> <p>Was ich habe? ſchäumte Bianchi und ſtieß ſie<lb/> von ſich, daß ſie in die Kniee ſank. Sie kann fragen,<lb/> <fw place="bottom" type="sig">13<lb/></fw> </p> </div> </body> </text> </TEI> [193/0205]
Abend, Sor Carlo! rief ſie. Wie geht's? Ihr kommt
zur rechten Zeit. Das arme thörichte Ding da, kein
Liebchen wollt' ihm glücken, keine Saite ſtimmte; der
Schelm, der Vogel, den ſie doch auch von Euch hat,
ſang ihr zu laut; Tochter, ſagt' ich, er kommt ja,
den du lieber haſt als deine Augen, Närrchen das
du biſt! — Nenna, ſagte ſie, mir bangt ſo; und,
ſagte ſie, das Herz ſchlägt mir ſo, ich weiß nicht
wovon. — Still! ſtill! ſagt' ich, du biſt ein Kind.
Einen Herrn zu haben, der dich auf Händen trägt,
ſagt' ich, der dich hegt und pflegt wie ſein eigen
Herz —
Und der dich in die Hölle ſchicken wird, verruchte
Hexe! ſchrie Bianchi und trat hart an ſie heran. Du
Gift! du Niedertracht! dank es deinen grauen
Haaren, daß ich dich meine Fäuſte nicht empfinden
laſſe. — Er ſchüttelte ſie heftig bei der Schulter, die
Ader an der Stirn lief ihm glühend an. Die Alte
fuhr zuſammen und blinzte ihn an. Macht nicht ſo
ſchlechte Späße mit einer alten Frau, ſagte ſie ſtot¬
ternd. Ihr habt mich erſchreckt, daß ich die Gicht
davon haben werde. Was? Redet ſänftlich, Sor
Carlo, und führt nicht ſo unchriſtliche Worte im
Mund, daß man ſich kreuzen und ſegnen möchte!
Was habt Ihr mit der armen Nenna?
Was ich habe? ſchäumte Bianchi und ſtieß ſie
von ſich, daß ſie in die Kniee ſank. Sie kann fragen,
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