Heyse, Paul: Novellen. Berlin, 1855.durch Eure Zurückhaltung ihm weh gethan. Wenn Viermal! sagte er. Und Ihr habt gezählt -- Wir mußten die Zahl oft vom Vater hören. Seit Ich gestehe, sagte Theodor, die Liebe und Herz¬ Ihr seid nun schon so lange von Euern Eltern durch Eure Zurückhaltung ihm weh gethan. Wenn Viermal! ſagte er. Und Ihr habt gezählt — Wir mußten die Zahl oft vom Vater hören. Seit Ich geſtehe, ſagte Theodor, die Liebe und Herz¬ Ihr ſeid nun ſchon ſo lange von Euern Eltern <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0152" n="140"/> durch Eure Zurückhaltung ihm weh gethan. Wenn<lb/> ich mich recht entſinne, waret Ihr ſeit meines armen<lb/> Bruders Tode nur viermal in unſerm Hauſe.</p><lb/> <p>Viermal! ſagte er. Und Ihr habt gezählt —</p><lb/> <p>Wir mußten die Zahl oft vom Vater hören. Seit<lb/> ich Edward verloren habe, ſagt er, mag ich mit Nie¬<lb/> mand ſprechen, der ihn nicht gekannt hat. Wie ſoll<lb/> er <hi rendition="#g">mich</hi> noch kennen lernen? Dann kommt er immer<lb/> auf Euch und lobt Euch und vermißt Euch.</p><lb/> <p>Ich geſtehe, ſagte Theodor, die Liebe und Herz¬<lb/> lichkeit, mit der mich Eure Eltern begrüßten, als wir<lb/> uns hier begegneten, überraſchte und rührte mich hef¬<lb/> tig. Auch ich bin in dieſem Winter menſchenbedürf¬<lb/> tiger als ſonſt. Im vorigen, der der erſte war, durfte<lb/> ich mich von nichts zurückziehen, was ſich aufdrängte<lb/> und Gewinn verſprach. Ich ſehe nun, daß ich nur<lb/> verloren habe. Die Geſellſchaft widerſpricht dem Ort.<lb/> Sie fühlt das, und weil ſie doch gelten will, muß<lb/> ſie ſich überheben. Das iſt widerwärtig und verbit¬<lb/> tert andächtigen Menſchen, wie ich einer bin, die<lb/> fruchtbare Stimmung. Darum leb' ich nun für mich<lb/> oder mit Einzelnen, denen es nicht beſſer gegangen<lb/> als mir. Und doch bin ich von meiner Heimath her<lb/> verwöhnt, auf die Länge nur in der Familie meines<lb/> Lebens froh zu werden.</p><lb/> <p>Ihr ſeid nun ſchon ſo lange von Euern Eltern<lb/> getrennt —</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [140/0152]
durch Eure Zurückhaltung ihm weh gethan. Wenn
ich mich recht entſinne, waret Ihr ſeit meines armen
Bruders Tode nur viermal in unſerm Hauſe.
Viermal! ſagte er. Und Ihr habt gezählt —
Wir mußten die Zahl oft vom Vater hören. Seit
ich Edward verloren habe, ſagt er, mag ich mit Nie¬
mand ſprechen, der ihn nicht gekannt hat. Wie ſoll
er mich noch kennen lernen? Dann kommt er immer
auf Euch und lobt Euch und vermißt Euch.
Ich geſtehe, ſagte Theodor, die Liebe und Herz¬
lichkeit, mit der mich Eure Eltern begrüßten, als wir
uns hier begegneten, überraſchte und rührte mich hef¬
tig. Auch ich bin in dieſem Winter menſchenbedürf¬
tiger als ſonſt. Im vorigen, der der erſte war, durfte
ich mich von nichts zurückziehen, was ſich aufdrängte
und Gewinn verſprach. Ich ſehe nun, daß ich nur
verloren habe. Die Geſellſchaft widerſpricht dem Ort.
Sie fühlt das, und weil ſie doch gelten will, muß
ſie ſich überheben. Das iſt widerwärtig und verbit¬
tert andächtigen Menſchen, wie ich einer bin, die
fruchtbare Stimmung. Darum leb' ich nun für mich
oder mit Einzelnen, denen es nicht beſſer gegangen
als mir. Und doch bin ich von meiner Heimath her
verwöhnt, auf die Länge nur in der Familie meines
Lebens froh zu werden.
Ihr ſeid nun ſchon ſo lange von Euern Eltern
getrennt —
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |