Heyse, Paul: Novellen. Berlin, 1855.Ihr habt ihn nicht gekannt, Padre. Ihr wißt Wie das? Weil er sie mißhandelt hat und geschlagen und Der kleine Priester wiegte das Haupt und schien Nie vergess' ich das, sagte sie und schauerte Ihr habt ihn nicht gekannt, Padre. Ihr wißt Wie das? Weil er ſie mißhandelt hat und geſchlagen und Der kleine Prieſter wiegte das Haupt und ſchien Nie vergeſſ' ich das, ſagte ſie und ſchauerte <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0112" n="100"/> <p>Ihr habt ihn nicht gekannt, Padre. Ihr wißt<lb/> nicht, daß er allein Schuld iſt an der Krankheit der<lb/> Mutter.</p><lb/> <p>Wie das?</p><lb/> <p>Weil er ſie mißhandelt hat und geſchlagen und<lb/> mit Füßen getreten. Ich weiß noch die Nächte, wenn<lb/> er nach Hauſe kam und war in Wuth. Sie ſagte<lb/> ihm nie ein Wort und that Alles was er wollte.<lb/> Er aber ſchlug ſie, daß mir das Herz brechen wollte.<lb/> Ich zog dann die Decke über den Kopf und that als<lb/> ob ich ſchliefe, weinte aber die ganze Nacht. Und<lb/> wenn er ſie dann am Boden liegen ſah, verwandelt'<lb/> er ſich plötzlich und hob ſie auf und küßte ſie, daß<lb/> ſie ſchrie, er werde ſie erſticken. Die Mutter hat mir<lb/> verboten, daß ich nie ein Wort davon ſagen ſoll;<lb/> aber es griff ſie ſo an, daß ſie nun die langen Jahre,<lb/> ſeit er todt iſt, noch nicht wieder geſund worden<lb/> iſt. Und wenn ſie früh ſterben ſollte, was der Him¬<lb/> mel verhüte, ich weiß wohl, wer ſie umgebracht hat.</p><lb/> <p>Der kleine Prieſter wiegte das Haupt und ſchien<lb/> unſchlüſſig, wie weit er ſeinem Beichtkind Recht geben<lb/> ſollte. Endlich ſagte er: Vergieb ihm, wie ihm deine<lb/> Mutter vergeben hat. Hefte nicht deine Gedanken<lb/> an jene traurigen Bilder, Laurella. Es werden beſ¬<lb/> ſere Zeiten für dich kommen und dich Alles ver¬<lb/> geſſen machen.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Nie</hi> vergeſſ' ich das, ſagte ſie und ſchauerte<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [100/0112]
Ihr habt ihn nicht gekannt, Padre. Ihr wißt
nicht, daß er allein Schuld iſt an der Krankheit der
Mutter.
Wie das?
Weil er ſie mißhandelt hat und geſchlagen und
mit Füßen getreten. Ich weiß noch die Nächte, wenn
er nach Hauſe kam und war in Wuth. Sie ſagte
ihm nie ein Wort und that Alles was er wollte.
Er aber ſchlug ſie, daß mir das Herz brechen wollte.
Ich zog dann die Decke über den Kopf und that als
ob ich ſchliefe, weinte aber die ganze Nacht. Und
wenn er ſie dann am Boden liegen ſah, verwandelt'
er ſich plötzlich und hob ſie auf und küßte ſie, daß
ſie ſchrie, er werde ſie erſticken. Die Mutter hat mir
verboten, daß ich nie ein Wort davon ſagen ſoll;
aber es griff ſie ſo an, daß ſie nun die langen Jahre,
ſeit er todt iſt, noch nicht wieder geſund worden
iſt. Und wenn ſie früh ſterben ſollte, was der Him¬
mel verhüte, ich weiß wohl, wer ſie umgebracht hat.
Der kleine Prieſter wiegte das Haupt und ſchien
unſchlüſſig, wie weit er ſeinem Beichtkind Recht geben
ſollte. Endlich ſagte er: Vergieb ihm, wie ihm deine
Mutter vergeben hat. Hefte nicht deine Gedanken
an jene traurigen Bilder, Laurella. Es werden beſ¬
ſere Zeiten für dich kommen und dich Alles ver¬
geſſen machen.
Nie vergeſſ' ich das, ſagte ſie und ſchauerte
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