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Herzl, Theodor: Der Judenstaat. Versuch einer modernen Lösung der Judenfrage. Leipzig u. a., 1896.

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sich nur ein Einfältiger fürchten. Die jetzige Cultur hat Machtmittel
genug, um sich zu vertheidigen.

Die niederen Einwendungen sind zahllos, wie es ja auch
mehr niedere Menschen gibt als hohe. Einige beschränkte Vorstellungen
versuchte ich niederzuringen. Wer sich hinter die
weisse Fahne mit den sieben Sternen stellen will, muss mithelfen
in diesem Aufklärungs-Feldzug. Vielleicht wird der Kampf zuerst
gegen manche böse, engherzige, beschränkte Juden geführt werden
müssen.

Wird man nicht sagen, dass ich den Antisemiten Waffen
liefere? Warum? Weil ich das Wahre zugebe? Weil ich nicht
behaupte, dass wir lauter vortreffliche Menschen unter uns haben?

Wird man nicht sagen, dass ich einen Weg zeige, auf dem
man uns schaden könnte? Das bestreite ich auf das Entschiedenste.
Was ich vorschlage, kann nur ausgeführt werden mit freier Zustimmung
der Judenmehrheit. Es kann gegen einzelne, selbst
gegen die Gruppen der jetzt mächtigsten Juden gemacht werden
- aber nie und nimmermehr vom Staat aus gegen alle Juden.
Man kann die gesetzliche Gleichberechtigung der Juden, wo sie
einmal besteht, nicht mehr aufheben; denn schon die einleitenden
Versuche würden sofort alle Juden, Arm und Reich, den Umsturzparteien
zujagen. Schon der Beginn officieller Ungerechtigkeiten
gegen die Juden hat überall wirthschaftliche Krisen im Gefolge.
Man kann also eigentlich wenig Wirksames gegen uns thun, wenn
man sich nicht selbst weh thun will. Dabei wächst und wächst
der Hass. Die Reichen spüren davon nicht viel. Aber unsere
Armen! Man frage unsere Armen, die seit der Erneuerung des
Antisemitismus furchtbarer proletarisirt wurden, als je vorher.

Werden einige Wohlhabende meinen, der Druck sei noch
nicht gross genug für die Auswanderung, und selbst bei gewaltsamen
Judenaustreibungen zeige sich, wie ungern unsere Leute
gingen? Ja, weil sie nicht wissen, wohin! Weil sie nur aus einem
Elend in's andere kommen. Aber wir zeigen ihnen den Weg in
das Gelobte Land. Und mit der schrecklichen Macht der Gewohnheit
muss die herrliche Macht der Begeisterung ringen.

Die Verfolgungen sind nicht mehr so bösartig wie im Mittelalter?
Ja, aber unsere Empfindlichkeit ist gewachsen, so dass
wir keine Verminderung der Leiden spüren. Die lange Verfolgung
hat unsere Nerven überreizt.

Und wird man noch sagen: die Unternehmung sei hoffnungslos,
selbst wenn wir das Land und die Souveränetät bekommen
- weil nur die Armen mitgehen werden? Gerade die brauchen
wir zuerst! Nur die Desperados taugen zum Erobern.

Wird Jemand sagen: Ja, wenn das möglich wäre, hätte
man es schon gemacht?

sich nur ein Einfältiger fürchten. Die jetzige Cultur hat Machtmittel
genug, um sich zu vertheidigen.

Die niederen Einwendungen sind zahllos, wie es ja auch
mehr niedere Menschen gibt als hohe. Einige beschränkte Vorstellungen
versuchte ich niederzuringen. Wer sich hinter die
weisse Fahne mit den sieben Sternen stellen will, muss mithelfen
in diesem Aufklärungs-Feldzug. Vielleicht wird der Kampf zuerst
gegen manche böse, engherzige, beschränkte Juden geführt werden
müssen.

Wird man nicht sagen, dass ich den Antisemiten Waffen
liefere? Warum? Weil ich das Wahre zugebe? Weil ich nicht
behaupte, dass wir lauter vortreffliche Menschen unter uns haben?

Wird man nicht sagen, dass ich einen Weg zeige, auf dem
man uns schaden könnte? Das bestreite ich auf das Entschiedenste.
Was ich vorschlage, kann nur ausgeführt werden mit freier Zustimmung
der Judenmehrheit. Es kann gegen einzelne, selbst
gegen die Gruppen der jetzt mächtigsten Juden gemacht werden
– aber nie und nimmermehr vom Staat aus gegen alle Juden.
Man kann die gesetzliche Gleichberechtigung der Juden, wo sie
einmal besteht, nicht mehr aufheben; denn schon die einleitenden
Versuche würden sofort alle Juden, Arm und Reich, den Umsturzparteien
zujagen. Schon der Beginn officieller Ungerechtigkeiten
gegen die Juden hat überall wirthschaftliche Krisen im Gefolge.
Man kann also eigentlich wenig Wirksames gegen uns thun, wenn
man sich nicht selbst weh thun will. Dabei wächst und wächst
der Hass. Die Reichen spüren davon nicht viel. Aber unsere
Armen! Man frage unsere Armen, die seit der Erneuerung des
Antisemitismus furchtbarer proletarisirt wurden, als je vorher.

Werden einige Wohlhabende meinen, der Druck sei noch
nicht gross genug für die Auswanderung, und selbst bei gewaltsamen
Judenaustreibungen zeige sich, wie ungern unsere Leute
gingen? Ja, weil sie nicht wissen, wohin! Weil sie nur aus einem
Elend in's andere kommen. Aber wir zeigen ihnen den Weg in
das Gelobte Land. Und mit der schrecklichen Macht der Gewohnheit
muss die herrliche Macht der Begeisterung ringen.

Die Verfolgungen sind nicht mehr so bösartig wie im Mittelalter?
Ja, aber unsere Empfindlichkeit ist gewachsen, so dass
wir keine Verminderung der Leiden spüren. Die lange Verfolgung
hat unsere Nerven überreizt.

Und wird man noch sagen: die Unternehmung sei hoffnungslos,
selbst wenn wir das Land und die Souveränetät bekommen
– weil nur die Armen mitgehen werden? Gerade die brauchen
wir zuerst! Nur die Desperados taugen zum Erobern.

Wird Jemand sagen: Ja, wenn das möglich wäre, hätte
man es schon gemacht?

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Zitationshilfe: Herzl, Theodor: Der Judenstaat. Versuch einer modernen Lösung der Judenfrage. Leipzig u. a., 1896, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herzl_judenstaat_1896/84>, abgerufen am 22.11.2024.