[Herder, Johann Gottfried von]: Plastik. Riga u. a., 1778.es verwandelt sie in Ecken und Flächen, bei denen Seht jenen Liebhaber, der tiefgesenkt um die Wenn ich Einem Menschen seine Begeiste- dem
es verwandelt ſie in Ecken und Flaͤchen, bei denen Seht jenen Liebhaber, der tiefgeſenkt um die Wenn ich Einem Menſchen ſeine Begeiſte- dem
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es verwandelt ſie in Ecken und Flaͤchen, bei denen
es viel iſt, wenn ſie nicht das ſchoͤnſte Weſen ihrer
Jnnigkeit, Fuͤlle und Runde in lauter Spiegel-
ecken verwandle; unmoͤglich kanns alſo Mutter
dieſer Kunſt ſeyn.
Seht jenen Liebhaber, der tiefgeſenkt um die
Bildſaͤule wanket. Was thut er nicht, um ſein
Geſicht zum Gefuͤhl zu machen, zu ſchauen als
ob er im Dunkeln taſte? Er gleitet umher,
ſucht Ruhe und findet keine, hat keinen Geſichts-
punkt, wie beim Gemaͤhlde, weil tauſende ihm
nicht gnug ſind, weil, ſo bald es eingewurzelter
Geſichtspunkt iſt, das Lebendige Tafel wird,
und die ſchoͤne runde Geſtalt ſich in ein erbaͤrm-
liches Vieleck zerſtuͤcket. Darum gleitet er: ſein
Auge ward Hand, der Lichtſtral Finger, oder
vielmehr ſeine Seele hat einen noch viel feinern
Finger als Hand und Lichtſtral iſt, das Bild aus
des Urhebers Arm und Seele in ſich zu faſſen.
Sie hats! die Taͤuſchung iſt geſchehn: es lebt,
und ſie fuͤhlt, daß es lebe; und nun ſpricht ſie,
nicht, als ob ſie ſehe, ſondern taſte, fuͤhle. Eine
Bildſaͤule kalt beſchrieben, gibt ſo wenig Jdeen
als eine gemahlte Muſik; lieber laß ſie ſtehen und
gehe voruͤber.
Wenn ich Einem Menſchen ſeine Begeiſte-
rung vergebe, ſo iſts dem Liebhaber der Kunſt,
dem
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Zitationshilfe: | [Herder, Johann Gottfried von]: Plastik. Riga u. a., 1778, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_plastik_1778/23>, abgerufen am 27.07.2024. |