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[Herder, Johann Gottfried von]: Plastik. Riga u. a., 1778.

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und Torevtik, über agalma und signum, to-
reuma und caelaturam, baitulia, xoana, brete
u. f. treflich metagrabolisiren. Jch könnte zei-
gen, daß die Bildhauerkunst überall nur so habe
entstehen können, wie sie bei unsern Kindern ent-
steht, in deren Händen sich Wachs, Brot, Ton
selbst bildet: zeigen, daß die Griechen in ihren
Modellen dem Ursprunge der Kunst treu blieben,
so fern sie ihm treu bleiben mußten, und daß die
Methode zu modelliren, die Michael Angelo
gebrauchte und Winkelmann so sehr rühmeta),
nichts als das sei, wovon wir reden. Nämlich
"das jeder Form und Beugung sich sanft an-
"schleichende und anplätschernde Wasser wird
"dem Auge des bildenden Künstlers der zarteste
"Finger", der durch den Wiederschein gleich-
sam an mehrerer Runde, schwebendem Zauber
und Lieblichkeit viel gewinnet. Jch könnte sa-
gen, daß die so natürliche Vielförmigkeit der
Griechischen Bilde, da jeder Muskel schwebt,
da nichts Tafel wird und keine Seite, keine Vier-
theilseite des Gesichts, wie die andre, folglich
auch nie durch Kupferstiche, Zeichnungen, Ge-
mählde darzustellen oder zu ersetzen ist, uns Zug
für Zug und fast unwillkührlich auf jede weiche
Stelle, jede zarte Form tastend ziehe u. dergl.

Wozu
a) Gedanken über die Nachahmung. S. 28. f.

und Torevtik, uͤber αγαλμα und ſignum, το-
ρευμα und caelaturam, βαιτυλια, ξοανα, βρετη
u. f. treflich metagraboliſiren. Jch koͤnnte zei-
gen, daß die Bildhauerkunſt uͤberall nur ſo habe
entſtehen koͤnnen, wie ſie bei unſern Kindern ent-
ſteht, in deren Haͤnden ſich Wachs, Brot, Ton
ſelbſt bildet: zeigen, daß die Griechen in ihren
Modellen dem Urſprunge der Kunſt treu blieben,
ſo fern ſie ihm treu bleiben mußten, und daß die
Methode zu modelliren, die Michael Angelo
gebrauchte und Winkelmann ſo ſehr ruͤhmeta),
nichts als das ſei, wovon wir reden. Naͤmlich
„das jeder Form und Beugung ſich ſanft an-
„ſchleichende und anplaͤtſchernde Waſſer wird
„dem Auge des bildenden Kuͤnſtlers der zarteſte
„Finger„, der durch den Wiederſchein gleich-
ſam an mehrerer Runde, ſchwebendem Zauber
und Lieblichkeit viel gewinnet. Jch koͤnnte ſa-
gen, daß die ſo natuͤrliche Vielfoͤrmigkeit der
Griechiſchen Bilde, da jeder Muſkel ſchwebt,
da nichts Tafel wird und keine Seite, keine Vier-
theilſeite des Geſichts, wie die andre, folglich
auch nie durch Kupferſtiche, Zeichnungen, Ge-
maͤhlde darzuſtellen oder zu erſetzen iſt, uns Zug
fuͤr Zug und faſt unwillkuͤhrlich auf jede weiche
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a) Gedanken uͤber die Nachahmung. S. 28. f.
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[116/0119] und Torevtik, uͤber αγαλμα und ſignum, το- ρευμα und caelaturam, βαιτυλια, ξοανα, βρετη u. f. treflich metagraboliſiren. Jch koͤnnte zei- gen, daß die Bildhauerkunſt uͤberall nur ſo habe entſtehen koͤnnen, wie ſie bei unſern Kindern ent- ſteht, in deren Haͤnden ſich Wachs, Brot, Ton ſelbſt bildet: zeigen, daß die Griechen in ihren Modellen dem Urſprunge der Kunſt treu blieben, ſo fern ſie ihm treu bleiben mußten, und daß die Methode zu modelliren, die Michael Angelo gebrauchte und Winkelmann ſo ſehr ruͤhmet a), nichts als das ſei, wovon wir reden. Naͤmlich „das jeder Form und Beugung ſich ſanft an- „ſchleichende und anplaͤtſchernde Waſſer wird „dem Auge des bildenden Kuͤnſtlers der zarteſte „Finger„, der durch den Wiederſchein gleich- ſam an mehrerer Runde, ſchwebendem Zauber und Lieblichkeit viel gewinnet. Jch koͤnnte ſa- gen, daß die ſo natuͤrliche Vielfoͤrmigkeit der Griechiſchen Bilde, da jeder Muſkel ſchwebt, da nichts Tafel wird und keine Seite, keine Vier- theilſeite des Geſichts, wie die andre, folglich auch nie durch Kupferſtiche, Zeichnungen, Ge- maͤhlde darzuſtellen oder zu erſetzen iſt, uns Zug fuͤr Zug und faſt unwillkuͤhrlich auf jede weiche Stelle, jede zarte Form taſtend ziehe u. dergl. Wozu a) Gedanken uͤber die Nachahmung. S. 28. f.

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Zitationshilfe: [Herder, Johann Gottfried von]: Plastik. Riga u. a., 1778, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_plastik_1778/119>, abgerufen am 24.11.2024.