[Herder, Johann Gottfried von]: Plastik. Riga u. a., 1778.Durchgefühle arbeiteten Raphael und Dome- Das wills also nicht thun, daß wir unsern Gehe
Durchgefuͤhle arbeiteten Raphael und Dome- Das wills alſo nicht thun, daß wir unſern Gehe
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0103" n="100"/> Durchgefuͤhle arbeiteten <hi rendition="#fr">Raphael</hi> und <hi rendition="#fr">Dome-<lb/> nichino</hi> an ihren ewigen Werken. Nicht Ge-<lb/> maͤhlde; Daͤdalus Bildſaͤulen ſind ſie, und wan-<lb/> deln und leben.</p><lb/> <p>Das wills alſo nicht thun, daß wir unſern<lb/> Kindern etwa von Jugend auf, Wachs und<lb/> Thon in die Hand geben, obgleich auch damit<lb/> ſchon etwas gethan waͤre und vielleicht niemand<lb/> zeichnen ſollte, der nicht als Kind lange gebildet<lb/> und geſpielt hatte. Alle erſten Zeichnungen der<lb/> Kinder ſind <hi rendition="#fr">Gebilde</hi> auch auf dem Papier:<lb/> Nachaͤffungen des <hi rendition="#fr">ganzen</hi> lebendigen Dinges,<lb/> ohne Licht und Schatten, den ſie vielmehr im An-<lb/> fange gar nicht begreifen, noch einſehen koͤnnen,<lb/> warum er da ſei und ihr ſchoͤnes Bild verderbe?<lb/> Er iſt ihnen alſo in der Natur nicht: ihr Auge<lb/> ſiehet, wie ihre Hand fuͤhlet. Die Natur geht<lb/> noch immer mit jedem einzelnen Menſchen, wie<lb/> ſie mit dem ganzen Geſchlecht ging, vom Fuͤhlen<lb/> zum Sehen, von der Plaſtik zur Piktur. Das<lb/> waͤre etwas, aber nicht Alles: denn <hi rendition="#fr">was</hi> ſoll<lb/> nun gebildet werden? Baͤume, Pflanzen, Skor-<lb/> pionen, unſre Komplimente, unſre Kleider?<lb/> Die Natur iſt von uns gegangen, und hat ſich<lb/> verborgen, Kunſt und Staͤnde, und Mechaniſ-<lb/> mus und Flickwerk ſind da; die ſind aber,<lb/> duͤnkt mich, weder in Thon noch in Wachs zu<lb/> bilden.</p><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Gehe</fw><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [100/0103]
Durchgefuͤhle arbeiteten Raphael und Dome-
nichino an ihren ewigen Werken. Nicht Ge-
maͤhlde; Daͤdalus Bildſaͤulen ſind ſie, und wan-
deln und leben.
Das wills alſo nicht thun, daß wir unſern
Kindern etwa von Jugend auf, Wachs und
Thon in die Hand geben, obgleich auch damit
ſchon etwas gethan waͤre und vielleicht niemand
zeichnen ſollte, der nicht als Kind lange gebildet
und geſpielt hatte. Alle erſten Zeichnungen der
Kinder ſind Gebilde auch auf dem Papier:
Nachaͤffungen des ganzen lebendigen Dinges,
ohne Licht und Schatten, den ſie vielmehr im An-
fange gar nicht begreifen, noch einſehen koͤnnen,
warum er da ſei und ihr ſchoͤnes Bild verderbe?
Er iſt ihnen alſo in der Natur nicht: ihr Auge
ſiehet, wie ihre Hand fuͤhlet. Die Natur geht
noch immer mit jedem einzelnen Menſchen, wie
ſie mit dem ganzen Geſchlecht ging, vom Fuͤhlen
zum Sehen, von der Plaſtik zur Piktur. Das
waͤre etwas, aber nicht Alles: denn was ſoll
nun gebildet werden? Baͤume, Pflanzen, Skor-
pionen, unſre Komplimente, unſre Kleider?
Die Natur iſt von uns gegangen, und hat ſich
verborgen, Kunſt und Staͤnde, und Mechaniſ-
mus und Flickwerk ſind da; die ſind aber,
duͤnkt mich, weder in Thon noch in Wachs zu
bilden.
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