[Herder, Johann Gottfried von]: Auch eine Philosophie der Geschichte zur Bildung der Menschheit. [Riga], 1774.der Geschichte und des menschlichen Herzens. Andre die das Leidige dieses Traums sa- Zwei- k) Der gute ehrliche Montagne fieng an; der
Dialektiker Baile, ein Raisonneur, dessen Widersprüche nach Artikeln seiner Gedan- kenform, des Diktionairs, Crousaz und Leibnitz gewiß nicht haben vergüten können, würkte aufs Jahrhundert weiter. Und denn die neuern Philosophen, Allanzweifler mit eigenen kühnsten Behauptungen, Voltaire, Hume selbst die Diderots -- es ist das große Jahrhundert des Zweifelns und Wel- lenerregens. der Geſchichte und des menſchlichen Herzens. Andre die das Leidige dieſes Traums ſa- Zwei- k) Der gute ehrliche Montagne fieng an; der
Dialektiker Baile, ein Raiſonneur, deſſen Widerſpruͤche nach Artikeln ſeiner Gedan- kenform, des Diktionairs, Crouſaz und Leibnitz gewiß nicht haben verguͤten koͤnnen, wuͤrkte aufs Jahrhundert weiter. Und denn die neuern Philoſophen, Allanzweifler mit eigenen kuͤhnſten Behauptungen, Voltaire, Hume ſelbſt die Diderots — es iſt das große Jahrhundert des Zweifelns und Wel- lenerregens. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0064" n="60"/><fw place="top" type="header"><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/></fw> glaubte, wenigſtens nicht der wahre Schuͤler<lb/><hi rendition="#b">der Geſchichte</hi> und des <hi rendition="#b">menſchlichen Herzens.</hi></p><lb/> <p>Andre die das <hi rendition="#b">Leidige dieſes Traums</hi> ſa-<lb/> hen, und nichts beſſers wußten — ſahen <hi rendition="#b">La-<lb/> ſter</hi> und <hi rendition="#b">Tugenden,</hi> wie Klimaten, <hi rendition="#b">wechſeln,</hi><lb/> Vollkommenheiten, wie einen Fruͤhling von<lb/> Blaͤttern <hi rendition="#b">entſtehen</hi> und <hi rendition="#b">untergehen,</hi> menſch-<lb/> liche Sitten und Neigungen, wie <hi rendition="#b">Blaͤtter</hi> des<lb/><hi rendition="#b">Schickſals</hi> fliegen ſich umſchlagen — <hi rendition="#b">kein<lb/> Plan! kein Fortgang! ewige Revolution —<lb/> Weben</hi> und <hi rendition="#b">Aufreißen! — penelopiſche Ar-<lb/> beit!</hi> — Sie fielen in einen <hi rendition="#b">Strudel,</hi> Skep-<lb/> ticismus an aller Tugend, Gluͤckſeligkeit und<lb/> Beſtimmung des Menſchen, in den ſie alle Ge-<lb/> ſchichte, Religion, und Sittenlehre flechten — —<lb/> der neueſte Modeton des neueſten, inſonder-<lb/> heit <hi rendition="#b">franzoͤſiſchen Philoſophen,</hi> <note place="foot" n="k)">Der gute ehrliche <hi rendition="#b">Montagne</hi> fieng an; der<lb/> Dialektiker Baile, ein Raiſonneur, deſſen<lb/> Widerſpruͤche nach Artikeln ſeiner Gedan-<lb/> kenform, des Diktionairs, <hi rendition="#b">Crouſaz</hi> und<lb/><hi rendition="#b">Leibnitz</hi> gewiß nicht haben verguͤten koͤnnen,<lb/> wuͤrkte aufs Jahrhundert weiter. Und denn<lb/> die neuern Philoſophen, Allanzweifler mit<lb/> eigenen kuͤhnſten Behauptungen, <hi rendition="#b">Voltaire,<lb/> Hume</hi> ſelbſt die <hi rendition="#b">Diderots</hi> — es iſt das<lb/> große Jahrhundert des Zweifelns und Wel-<lb/> lenerregens.</note> iſt Zweifel!<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Zwei-</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [60/0064]
glaubte, wenigſtens nicht der wahre Schuͤler
der Geſchichte und des menſchlichen Herzens.
Andre die das Leidige dieſes Traums ſa-
hen, und nichts beſſers wußten — ſahen La-
ſter und Tugenden, wie Klimaten, wechſeln,
Vollkommenheiten, wie einen Fruͤhling von
Blaͤttern entſtehen und untergehen, menſch-
liche Sitten und Neigungen, wie Blaͤtter des
Schickſals fliegen ſich umſchlagen — kein
Plan! kein Fortgang! ewige Revolution —
Weben und Aufreißen! — penelopiſche Ar-
beit! — Sie fielen in einen Strudel, Skep-
ticismus an aller Tugend, Gluͤckſeligkeit und
Beſtimmung des Menſchen, in den ſie alle Ge-
ſchichte, Religion, und Sittenlehre flechten — —
der neueſte Modeton des neueſten, inſonder-
heit franzoͤſiſchen Philoſophen, k) iſt Zweifel!
Zwei-
k) Der gute ehrliche Montagne fieng an; der
Dialektiker Baile, ein Raiſonneur, deſſen
Widerſpruͤche nach Artikeln ſeiner Gedan-
kenform, des Diktionairs, Crouſaz und
Leibnitz gewiß nicht haben verguͤten koͤnnen,
wuͤrkte aufs Jahrhundert weiter. Und denn
die neuern Philoſophen, Allanzweifler mit
eigenen kuͤhnſten Behauptungen, Voltaire,
Hume ſelbſt die Diderots — es iſt das
große Jahrhundert des Zweifelns und Wel-
lenerregens.
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Zitationshilfe: | [Herder, Johann Gottfried von]: Auch eine Philosophie der Geschichte zur Bildung der Menschheit. [Riga], 1774, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_philosophie_1774/64>, abgerufen am 16.02.2025. |