Wäre unser Bücherton in Deutschland repu- blikanischer; wie manches hätte ich deutlich sagen können, wo ich jetzt, vielleicht dunkel, oder kühn in Parabeln und Anspielungen rede. Wer diese als Zwecke, und Schönhei- ten meines Stils ansieht: der siehet mit mir nicht gleich; wer aber sagt, daß ich blos um leichtsinnig zu tadeln, habe schreiben wollen, der thut mir Unrecht. Da die meisten Schriftsteller, über die ich rede, berühmter sind, als daß ich mit meiner schwachen Brust ihr Lob würdig ausrufen könnte, wie ich dies mit voller Ueberzeugung hinschreibe: so konnte ich von mir selbst es nicht fodern, sie im aka- demischen Leichenton zu loben: man nehme von einem Armen ein kleines herzliches Wort satt gleißender Complimente an. Jch rede blos von Schriften, die das Vergnügen und die Beschäftigung meiner Einsamkeit ausma- chen, die ich nicht gnug lesen kann, und de- ren Würde nicht in Fragmenten, sondern in prächtigen Ehrenmälern glänzen muß.
Macht sich indeß ein handvester Kunstrich- ter fertig, mich, wenn ich bisweiten geschlum-
mert
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Waͤre unſer Buͤcherton in Deutſchland repu- blikaniſcher; wie manches haͤtte ich deutlich ſagen koͤnnen, wo ich jetzt, vielleicht dunkel, oder kuͤhn in Parabeln und Anſpielungen rede. Wer dieſe als Zwecke, und Schoͤnhei- ten meines Stils anſieht: der ſiehet mit mir nicht gleich; wer aber ſagt, daß ich blos um leichtſinnig zu tadeln, habe ſchreiben wollen, der thut mir Unrecht. Da die meiſten Schriftſteller, uͤber die ich rede, beruͤhmter ſind, als daß ich mit meiner ſchwachen Bruſt ihr Lob wuͤrdig ausrufen koͤnnte, wie ich dies mit voller Ueberzeugung hinſchreibe: ſo konnte ich von mir ſelbſt es nicht fodern, ſie im aka- demiſchen Leichenton zu loben: man nehme von einem Armen ein kleines herzliches Wort ſatt gleißender Complimente an. Jch rede blos von Schriften, die das Vergnuͤgen und die Beſchaͤftigung meiner Einſamkeit ausma- chen, die ich nicht gnug leſen kann, und de- ren Wuͤrde nicht in Fragmenten, ſondern in praͤchtigen Ehrenmaͤlern glaͤnzen muß.
Macht ſich indeß ein handveſter Kunſtrich- ter fertig, mich, wenn ich bisweiten geſchlum-
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Waͤre unſer Buͤcherton in Deutſchland repu-
blikaniſcher; wie manches haͤtte ich deutlich
ſagen koͤnnen, wo ich jetzt, vielleicht dunkel,
oder kuͤhn in Parabeln und Anſpielungen
rede. Wer dieſe als Zwecke, und Schoͤnhei-
ten meines Stils anſieht: der ſiehet mit mir
nicht gleich; wer aber ſagt, daß ich blos um
leichtſinnig zu tadeln, habe ſchreiben wollen,
der thut mir Unrecht. Da die meiſten
Schriftſteller, uͤber die ich rede, beruͤhmter
ſind, als daß ich mit meiner ſchwachen Bruſt
ihr Lob wuͤrdig ausrufen koͤnnte, wie ich dies
mit voller Ueberzeugung hinſchreibe: ſo konnte
ich von mir ſelbſt es nicht fodern, ſie im aka-
demiſchen Leichenton zu loben: man nehme
von einem Armen ein kleines herzliches Wort
ſatt gleißender Complimente an. Jch rede
blos von Schriften, die das Vergnuͤgen und
die Beſchaͤftigung meiner Einſamkeit ausma-
chen, die ich nicht gnug leſen kann, und de-
ren Wuͤrde nicht in Fragmenten, ſondern in
praͤchtigen Ehrenmaͤlern glaͤnzen muß.
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Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 3. Riga, 1767, S. 325. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_litteratur03_1767/333>, abgerufen am 24.11.2024.
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