gesucht, und ich wollte ihn gewiß nicht zu meinem Bibelerklärer nehmen, wenn er die Bibel, wie Blifil lieset, dem Thomas Jo- nes Prügel zu verschaffen.
Er will die Rede des Apostels vor den Atheniensern, vor Felix, vor Agrippa ret- ten: gerettet hat er sie; denn auch ich finde durchaus die Cramerische Methode nicht in ihnen; aber wie er weiter fortschließt? -- das ist eine andre Frage. Das sieht man doch bei dem ersten Anblick: daß Paulus sich nach den Begriffen der Athenienser beque- me, nicht um ihnen zu schmeicheln, sondern ihre Neugierde, ihre Religiosität, ihren Altar des unbekannten Gottes, ihren Hoch- muth, daß sie das erste Volk wären, auf den Begriff des wahren Gottes, auf eine neue Zeitperiode der Sinnesänderung, und auf große Erwartungen in der Zukunft zu lenken. Er ließ sich in ihre Welt der Denkart herab, um ihnen das Charakteristische seiner Religion zu zeigen, wie es von der ihrigen abstach: ihre. Neigung zum Wunderbaren und Reli- giösen fesselte, und ihre Jrrthümer zerstörte. Jch sehe also nicht, daß P. von Christo
schweigt,
geſucht, und ich wollte ihn gewiß nicht zu meinem Bibelerklaͤrer nehmen, wenn er die Bibel, wie Blifil lieſet, dem Thomas Jo- nes Pruͤgel zu verſchaffen.
Er will die Rede des Apoſtels vor den Athenienſern, vor Felix, vor Agrippa ret- ten: gerettet hat er ſie; denn auch ich finde durchaus die Crameriſche Methode nicht in ihnen; aber wie er weiter fortſchließt? — das iſt eine andre Frage. Das ſieht man doch bei dem erſten Anblick: daß Paulus ſich nach den Begriffen der Athenienſer beque- me, nicht um ihnen zu ſchmeicheln, ſondern ihre Neugierde, ihre Religioſitaͤt, ihren Altar des unbekannten Gottes, ihren Hoch- muth, daß ſie das erſte Volk waͤren, auf den Begriff des wahren Gottes, auf eine neue Zeitperiode der Sinnesaͤnderung, und auf große Erwartungen in der Zukunft zu lenken. Er ließ ſich in ihre Welt der Denkart herab, um ihnen das Charakteriſtiſche ſeiner Religion zu zeigen, wie es von der ihrigen abſtach: ihre. Neigung zum Wunderbaren und Reli- gioͤſen feſſelte, und ihre Jrrthuͤmer zerſtoͤrte. Jch ſehe alſo nicht, daß P. von Chriſto
ſchweigt,
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[301/0309]
geſucht, und ich wollte ihn gewiß nicht zu
meinem Bibelerklaͤrer nehmen, wenn er die
Bibel, wie Blifil lieſet, dem Thomas Jo-
nes Pruͤgel zu verſchaffen.
Er will die Rede des Apoſtels vor den
Athenienſern, vor Felix, vor Agrippa ret-
ten: gerettet hat er ſie; denn auch ich finde
durchaus die Crameriſche Methode nicht in
ihnen; aber wie er weiter fortſchließt? —
das iſt eine andre Frage. Das ſieht man
doch bei dem erſten Anblick: daß Paulus
ſich nach den Begriffen der Athenienſer beque-
me, nicht um ihnen zu ſchmeicheln, ſondern
ihre Neugierde, ihre Religioſitaͤt, ihren
Altar des unbekannten Gottes, ihren Hoch-
muth, daß ſie das erſte Volk waͤren, auf den
Begriff des wahren Gottes, auf eine neue
Zeitperiode der Sinnesaͤnderung, und auf
große Erwartungen in der Zukunft zu lenken.
Er ließ ſich in ihre Welt der Denkart herab,
um ihnen das Charakteriſtiſche ſeiner Religion
zu zeigen, wie es von der ihrigen abſtach:
ihre. Neigung zum Wunderbaren und Reli-
gioͤſen feſſelte, und ihre Jrrthuͤmer zerſtoͤrte.
Jch ſehe alſo nicht, daß P. von Chriſto
ſchweigt,
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Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 3. Riga, 1767, S. 301. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_litteratur03_1767/309>, abgerufen am 21.11.2024.
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