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Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 3. Riga, 1767.

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mischen Sprache, der Weltweisheit und Na-
turkunde zu seyn, der selbst ein Kenner voll
Gelehrsamkeit und Geschmack war, der aber,
ohngeachtet aller seiner Mühe, nichts als der
Märtrer seiner Zeit wurde: dieser Ruhm-
würdige Kaiser hat nicht einmal das leidige
Verdienst, von unsrer Zeit, als der Morgen-
stern eines bessern Tages in allem seinem Lichte
betrachtet zu werden. -- Die Wolke, die
auf dieser Zeit lag, muste jeden Keim der
Weisheit ersticken: jeder Fromme war Bar-
bar und Knecht, und jeder, der sich unterstand,
weise zu seyn, heißt in der Geschichte ein
Dummer, und Gottloser, oder ward gar
ein Unglücklicher. -- Sollte es also Ru-
dolph von Habspurg
auch blos aus Un-
wissenheit gethan haben, daß er die Mutter-
sprache Deutschlandes so weit einzuführen
suchte, als er konnte: -- man hätte dies lange
vor ihm thun sollen. Jedoch ich schreibe
keine Geschichte über diese Zeit, da Deutsch-
land an Geist und Körper unterdrücket, durch
Zwietracht, Unwissenheit und Bosheit ent-
nervt, völlig seinen Charakter verlohren.

Non
Fragm. III S. B

miſchen Sprache, der Weltweisheit und Na-
turkunde zu ſeyn, der ſelbſt ein Kenner voll
Gelehrſamkeit und Geſchmack war, der aber,
ohngeachtet aller ſeiner Muͤhe, nichts als der
Maͤrtrer ſeiner Zeit wurde: dieſer Ruhm-
wuͤrdige Kaiſer hat nicht einmal das leidige
Verdienſt, von unſrer Zeit, als der Morgen-
ſtern eines beſſern Tages in allem ſeinem Lichte
betrachtet zu werden. — Die Wolke, die
auf dieſer Zeit lag, muſte jeden Keim der
Weisheit erſticken: jeder Fromme war Bar-
bar und Knecht, und jeder, der ſich unterſtand,
weiſe zu ſeyn, heißt in der Geſchichte ein
Dummer, und Gottloſer, oder ward gar
ein Ungluͤcklicher. — Sollte es alſo Ru-
dolph von Habspurg
auch blos aus Un-
wiſſenheit gethan haben, daß er die Mutter-
ſprache Deutſchlandes ſo weit einzufuͤhren
ſuchte, als er konnte: — man haͤtte dies lange
vor ihm thun ſollen. Jedoch ich ſchreibe
keine Geſchichte uͤber dieſe Zeit, da Deutſch-
land an Geiſt und Koͤrper unterdruͤcket, durch
Zwietracht, Unwiſſenheit und Bosheit ent-
nervt, voͤllig ſeinen Charakter verlohren.

Non
Fragm. III S. B
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[17/0025] miſchen Sprache, der Weltweisheit und Na- turkunde zu ſeyn, der ſelbſt ein Kenner voll Gelehrſamkeit und Geſchmack war, der aber, ohngeachtet aller ſeiner Muͤhe, nichts als der Maͤrtrer ſeiner Zeit wurde: dieſer Ruhm- wuͤrdige Kaiſer hat nicht einmal das leidige Verdienſt, von unſrer Zeit, als der Morgen- ſtern eines beſſern Tages in allem ſeinem Lichte betrachtet zu werden. — Die Wolke, die auf dieſer Zeit lag, muſte jeden Keim der Weisheit erſticken: jeder Fromme war Bar- bar und Knecht, und jeder, der ſich unterſtand, weiſe zu ſeyn, heißt in der Geſchichte ein Dummer, und Gottloſer, oder ward gar ein Ungluͤcklicher. — Sollte es alſo Ru- dolph von Habspurg auch blos aus Un- wiſſenheit gethan haben, daß er die Mutter- ſprache Deutſchlandes ſo weit einzufuͤhren ſuchte, als er konnte: — man haͤtte dies lange vor ihm thun ſollen. Jedoch ich ſchreibe keine Geſchichte uͤber dieſe Zeit, da Deutſch- land an Geiſt und Koͤrper unterdruͤcket, durch Zwietracht, Unwiſſenheit und Bosheit ent- nervt, voͤllig ſeinen Charakter verlohren. Non Fragm. III S. B

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Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 3. Riga, 1767, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_litteratur03_1767/25>, abgerufen am 24.11.2024.