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Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 3. Riga, 1767.

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chen Umständen mehrere auf einmal zusam-
menkommen: so kann die Seele auch in der
größesten Versammlung in diesen Zustand der
vermischten Empfindungen gesetzt werden.
Man muß sich aber hüten, alle diese äußre
Sachen so schwarz zu machen, daß dadurch
eher Schrecken, als süße Melancholey, in der
Seele entstehen würde. So würde es wider-
sinnisch seyn, wenn jemand an einem Ort,
wo er sich würklich vor Gespenstern fürchtet,
eine Elegie machen wollte. Die Schild-
wache im Hammlet war gewiß nicht dazu
aufgelegt. Die Seele wird alsdenn von ei-
ner ganz unangenehmen Empfindung, dem
Schrecken, bemeistert.

Alle diese Regeln leiden einige Abänderun-
gen *, wenn die vermischten Empfindungen

aus
funden, daß von den Zeiten ihrer Väter und
Urväter her, dieser Tag traure, der Himmel
meistens voll dunkler Wolken sey, und in den
Sterbestunden gegen Abend eine Stille zu
herrschen pflege, die diesem Tage den Namen:
stiller Freitag gegeben. --
* Warum leiden sie Abänderungen? weil der
Verf. in der Parenthese von Zeit, Ort und
Umstän-

chen Umſtaͤnden mehrere auf einmal zuſam-
menkommen: ſo kann die Seele auch in der
groͤßeſten Verſammlung in dieſen Zuſtand der
vermiſchten Empfindungen geſetzt werden.
Man muß ſich aber huͤten, alle dieſe aͤußre
Sachen ſo ſchwarz zu machen, daß dadurch
eher Schrecken, als ſuͤße Melancholey, in der
Seele entſtehen wuͤrde. So wuͤrde es wider-
ſinniſch ſeyn, wenn jemand an einem Ort,
wo er ſich wuͤrklich vor Geſpenſtern fuͤrchtet,
eine Elegie machen wollte. Die Schild-
wache im Hammlet war gewiß nicht dazu
aufgelegt. Die Seele wird alsdenn von ei-
ner ganz unangenehmen Empfindung, dem
Schrecken, bemeiſtert.

Alle dieſe Regeln leiden einige Abaͤnderun-
gen *, wenn die vermiſchten Empfindungen

aus
funden, daß von den Zeiten ihrer Vaͤter und
Urvaͤter her, dieſer Tag traure, der Himmel
meiſtens voll dunkler Wolken ſey, und in den
Sterbeſtunden gegen Abend eine Stille zu
herrſchen pflege, die dieſem Tage den Namen:
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[239/0247] chen Umſtaͤnden mehrere auf einmal zuſam- menkommen: ſo kann die Seele auch in der groͤßeſten Verſammlung in dieſen Zuſtand der vermiſchten Empfindungen geſetzt werden. Man muß ſich aber huͤten, alle dieſe aͤußre Sachen ſo ſchwarz zu machen, daß dadurch eher Schrecken, als ſuͤße Melancholey, in der Seele entſtehen wuͤrde. So wuͤrde es wider- ſinniſch ſeyn, wenn jemand an einem Ort, wo er ſich wuͤrklich vor Geſpenſtern fuͤrchtet, eine Elegie machen wollte. Die Schild- wache im Hammlet war gewiß nicht dazu aufgelegt. Die Seele wird alsdenn von ei- ner ganz unangenehmen Empfindung, dem Schrecken, bemeiſtert. Alle dieſe Regeln leiden einige Abaͤnderun- gen *, wenn die vermiſchten Empfindungen aus ** * Warum leiden ſie Abaͤnderungen? weil der Verf. in der Parentheſe von Zeit, Ort und Umſtaͤn- ** funden, daß von den Zeiten ihrer Vaͤter und Urvaͤter her, dieſer Tag traure, der Himmel meiſtens voll dunkler Wolken ſey, und in den Sterbeſtunden gegen Abend eine Stille zu herrſchen pflege, die dieſem Tage den Namen: ſtiller Freitag gegeben. —

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Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 3. Riga, 1767, S. 239. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_litteratur03_1767/247>, abgerufen am 21.11.2024.