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Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 3. Riga, 1767.

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Anschauung willen: damit er allen ver-
ständlich,
damit er poetisch edel, reich und
schön, damit er für die anschauende Phan-
tasie rede: wer soll sie ihm verwehren? Unser
Verfasser nicht, denn er erlaubt sie ja deswe-
gen dem Künstler; ich auch nicht, da ich
für sie rede, der Verfasser der homerischen
Briefe
auch nicht: denn das angeführte
Zeugniß ist sein eignes *, aus demselben
Briefe, und in derselben Sache. Jch habe
ihn durch sich selbst zurückgeführt: vorher
hat er blos die Mythologie zu einseitig an-
gesehen. Nicht wie Griechen, und Römer
sie brauchen **, (als Religions- und Histo-
rienwahrheiten,) nicht, wie sie die Reforma-
toren nach der Barbarei oft beibehielten ***,
(als eine heilige Antike, aus einem Vorur-
theile des Ansehens,) nicht, wie sie gehirnlose
Köpfe brauchen +, (als einen leeren Schall)
nicht, wie sie elende Schwätzer brauchen ++,
(um neun und neunzig mal gebrauchte Gleich-

nisse,
* s. Epist. Homer. 2. p. 129.
** pag. 132.
*** pag. 125.
+ pag. 126.
++ pag. 127.
Fragm. III S. J

Anſchauung willen: damit er allen ver-
ſtaͤndlich,
damit er poetiſch edel, reich und
ſchoͤn, damit er fuͤr die anſchauende Phan-
taſie rede: wer ſoll ſie ihm verwehren? Unſer
Verfaſſer nicht, denn er erlaubt ſie ja deswe-
gen dem Kuͤnſtler; ich auch nicht, da ich
fuͤr ſie rede, der Verfaſſer der homeriſchen
Briefe
auch nicht: denn das angefuͤhrte
Zeugniß iſt ſein eignes *, aus demſelben
Briefe, und in derſelben Sache. Jch habe
ihn durch ſich ſelbſt zuruͤckgefuͤhrt: vorher
hat er blos die Mythologie zu einſeitig an-
geſehen. Nicht wie Griechen, und Roͤmer
ſie brauchen **, (als Religions- und Hiſto-
rienwahrheiten,) nicht, wie ſie die Reforma-
toren nach der Barbarei oft beibehielten ***,
(als eine heilige Antike, aus einem Vorur-
theile des Anſehens,) nicht, wie ſie gehirnloſe
Koͤpfe brauchen , (als einen leeren Schall)
nicht, wie ſie elende Schwaͤtzer brauchen ††,
(um neun und neunzig mal gebrauchte Gleich-

niſſe,
* ſ. Epiſt. Homer. 2. p. 129.
** pag. 132.
*** pag. 125.
pag. 126.
†† pag. 127.
Fragm. III S. J
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[129/0137] Anſchauung willen: damit er allen ver- ſtaͤndlich, damit er poetiſch edel, reich und ſchoͤn, damit er fuͤr die anſchauende Phan- taſie rede: wer ſoll ſie ihm verwehren? Unſer Verfaſſer nicht, denn er erlaubt ſie ja deswe- gen dem Kuͤnſtler; ich auch nicht, da ich fuͤr ſie rede, der Verfaſſer der homeriſchen Briefe auch nicht: denn das angefuͤhrte Zeugniß iſt ſein eignes *, aus demſelben Briefe, und in derſelben Sache. Jch habe ihn durch ſich ſelbſt zuruͤckgefuͤhrt: vorher hat er blos die Mythologie zu einſeitig an- geſehen. Nicht wie Griechen, und Roͤmer ſie brauchen **, (als Religions- und Hiſto- rienwahrheiten,) nicht, wie ſie die Reforma- toren nach der Barbarei oft beibehielten ***, (als eine heilige Antike, aus einem Vorur- theile des Anſehens,) nicht, wie ſie gehirnloſe Koͤpfe brauchen †, (als einen leeren Schall) nicht, wie ſie elende Schwaͤtzer brauchen ††, (um neun und neunzig mal gebrauchte Gleich- niſſe, * ſ. Epiſt. Homer. 2. p. 129. ** pag. 132. *** pag. 125. † pag. 126. †† pag. 127. Fragm. III S. J

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Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 3. Riga, 1767, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_litteratur03_1767/137>, abgerufen am 24.11.2024.