Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 2. Riga, 1767.

Bild:
<< vorherige Seite

len, sonst ist sein Gesichtspunkt ganz ver-
werflich.

Christ. Und seine Hölle! -- Jmmer wird
es mir schwer, blos reine Geister zu gedenken
(die wenigstens nicht so sinnlich als wir sind),
die aus einem innern giftigen Principio des
Neides, gegen einen Gott, den sie zu sehr
kennen, und gegen einen Meßias, von dem
sie zu wenig wissen, aus Grundsäzzen, so
unvernünftig und ohne wahrscheinlich ge-
machte Triebfedern so boshaft handeln wer-
den. Alles, wozu er jetzt die Teufel braucht,
hätte er aus der menschlichen Seele und das
mit mehrerer sinnlichen Rührung hervor-
wickeln können.

Rabbi. Aber er wird sie brauchen, um
den Triumph Jesu über sie zu zeigen. Aber
um eben diesen zu zeigen, hätte er sie mehr
sollen unternehmen lassen. Zu der Poeti-
schen Bosheit, die er ihnen beilegt, gehört-
auch mehr Klugheit und Sphäre zu wirken;
Und die legt ihnen unser Gesez auch immer
bei. Das wäre ein Triumph, wenn der
Teufel mehr der Gott dieser Welt, der
Herr der Elemente, der Gewalthaber

über
R 5

len, ſonſt iſt ſein Geſichtspunkt ganz ver-
werflich.

Chriſt. Und ſeine Hoͤlle! — Jmmer wird
es mir ſchwer, blos reine Geiſter zu gedenken
(die wenigſtens nicht ſo ſinnlich als wir ſind),
die aus einem innern giftigen Principio des
Neides, gegen einen Gott, den ſie zu ſehr
kennen, und gegen einen Meßias, von dem
ſie zu wenig wiſſen, aus Grundſaͤzzen, ſo
unvernuͤnftig und ohne wahrſcheinlich ge-
machte Triebfedern ſo boshaft handeln wer-
den. Alles, wozu er jetzt die Teufel braucht,
haͤtte er aus der menſchlichen Seele und das
mit mehrerer ſinnlichen Ruͤhrung hervor-
wickeln koͤnnen.

Rabbi. Aber er wird ſie brauchen, um
den Triumph Jeſu uͤber ſie zu zeigen. Aber
um eben dieſen zu zeigen, haͤtte er ſie mehr
ſollen unternehmen laſſen. Zu der Poeti-
ſchen Bosheit, die er ihnen beilegt, gehoͤrt-
auch mehr Klugheit und Sphaͤre zu wirken;
Und die legt ihnen unſer Geſez auch immer
bei. Das waͤre ein Triumph, wenn der
Teufel mehr der Gott dieſer Welt, der
Herr der Elemente, der Gewalthaber

uͤber
R 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0085" n="253"/>
len, &#x017F;on&#x017F;t i&#x017F;t &#x017F;ein Ge&#x017F;ichtspunkt ganz ver-<lb/>
werflich.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Chri&#x017F;t.</hi> Und &#x017F;eine Ho&#x0364;lle! &#x2014; Jmmer wird<lb/>
es mir &#x017F;chwer, blos reine Gei&#x017F;ter zu gedenken<lb/>
(die wenig&#x017F;tens nicht &#x017F;o &#x017F;innlich als wir &#x017F;ind),<lb/>
die aus einem innern giftigen Principio des<lb/>
Neides, gegen einen Gott, den &#x017F;ie zu &#x017F;ehr<lb/>
kennen, und gegen einen Meßias, von dem<lb/>
&#x017F;ie zu wenig wi&#x017F;&#x017F;en, aus Grund&#x017F;a&#x0364;zzen, &#x017F;o<lb/>
unvernu&#x0364;nftig und ohne <hi rendition="#fr">wahr&#x017F;cheinlich</hi> ge-<lb/>
machte Triebfedern &#x017F;o <hi rendition="#fr">boshaft</hi> handeln wer-<lb/>
den. Alles, wozu er jetzt die Teufel braucht,<lb/>
ha&#x0364;tte er aus der men&#x017F;chlichen Seele und das<lb/>
mit mehrerer &#x017F;innlichen Ru&#x0364;hrung hervor-<lb/>
wickeln ko&#x0364;nnen.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Rabbi.</hi> Aber er wird &#x017F;ie brauchen, um<lb/>
den Triumph Je&#x017F;u u&#x0364;ber &#x017F;ie zu zeigen. Aber<lb/>
um eben die&#x017F;en zu zeigen, ha&#x0364;tte er &#x017F;ie mehr<lb/>
&#x017F;ollen <hi rendition="#fr">unternehmen</hi> la&#x017F;&#x017F;en. Zu der Poeti-<lb/>
&#x017F;chen Bosheit, die er ihnen beilegt, geho&#x0364;rt-<lb/>
auch mehr Klugheit und Spha&#x0364;re zu wirken;<lb/>
Und die legt ihnen un&#x017F;er Ge&#x017F;ez auch immer<lb/>
bei. Das wa&#x0364;re ein Triumph, wenn der<lb/>
Teufel mehr <hi rendition="#fr">der Gott die&#x017F;er Welt,</hi> der<lb/><hi rendition="#fr">Herr</hi> der <hi rendition="#fr">Elemente,</hi> der <hi rendition="#fr">Gewalthaber</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="sig">R 5</fw><fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">u&#x0364;ber</hi></fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[253/0085] len, ſonſt iſt ſein Geſichtspunkt ganz ver- werflich. Chriſt. Und ſeine Hoͤlle! — Jmmer wird es mir ſchwer, blos reine Geiſter zu gedenken (die wenigſtens nicht ſo ſinnlich als wir ſind), die aus einem innern giftigen Principio des Neides, gegen einen Gott, den ſie zu ſehr kennen, und gegen einen Meßias, von dem ſie zu wenig wiſſen, aus Grundſaͤzzen, ſo unvernuͤnftig und ohne wahrſcheinlich ge- machte Triebfedern ſo boshaft handeln wer- den. Alles, wozu er jetzt die Teufel braucht, haͤtte er aus der menſchlichen Seele und das mit mehrerer ſinnlichen Ruͤhrung hervor- wickeln koͤnnen. Rabbi. Aber er wird ſie brauchen, um den Triumph Jeſu uͤber ſie zu zeigen. Aber um eben dieſen zu zeigen, haͤtte er ſie mehr ſollen unternehmen laſſen. Zu der Poeti- ſchen Bosheit, die er ihnen beilegt, gehoͤrt- auch mehr Klugheit und Sphaͤre zu wirken; Und die legt ihnen unſer Geſez auch immer bei. Das waͤre ein Triumph, wenn der Teufel mehr der Gott dieſer Welt, der Herr der Elemente, der Gewalthaber uͤber R 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_litteratur02_1767
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_litteratur02_1767/85
Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 2. Riga, 1767, S. 253. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_litteratur02_1767/85>, abgerufen am 05.12.2024.