Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 2. Riga, 1767.

Bild:
<< vorherige Seite

"nommen würde, und einem, so das Jnnre
"der Religion näher angeht, und zwar einen
"Unterschied in Absicht auf die Weltlichkeit,
"wie ers nennet:" allein dem unbeschadet
kommt es mir vor, daß er bei dem Jnnern
zu sehr das Aeußere vergessen, und da er sein
Hauptaugenmerk nur immer auf Moralität
gerichtet, es mit seinen Engeln manchmal
vergißt, was er selbst sagt: * "Ein Engel
"soll mehr als ein Jupiter seyn, der eben
"gedonnert hat.

Rabbi. Ueberhaupt hat K. das System
des alten Bundes
bei seinen Engeln bei-
nahe ganz verändert, und wirklich zum Scha-
den eines sinnlichen Gedichts, das sich dem
Orientalischen Geschmack bequemen soll.
Er meint, "man müsse der Religion, nicht
"aber der Schreibart der Offenbarung nach-
"ahmen; es sei denn die Propheten, so
"fern ihre Werke Meisterstücke der Bered-
"samkeit
sind." Sind ihre Werke Bered-
samkeit
so sind sie gewiß nicht Meister-
stücke;
als Meisterstücken alter Orientali-
scher Gedichte hätte er ihnen nachahmen sol-

len,
* Nord. Ausseh. Th. 3. St. 110.

„nommen wuͤrde, und einem, ſo das Jnnre
„der Religion naͤher angeht, und zwar einen
„Unterſchied in Abſicht auf die Weltlichkeit,
„wie ers nennet:„ allein dem unbeſchadet
kommt es mir vor, daß er bei dem Jnnern
zu ſehr das Aeußere vergeſſen, und da er ſein
Hauptaugenmerk nur immer auf Moralitaͤt
gerichtet, es mit ſeinen Engeln manchmal
vergißt, was er ſelbſt ſagt: *Ein Engel
„ſoll mehr als ein Jupiter ſeyn, der eben
„gedonnert hat.

Rabbi. Ueberhaupt hat K. das Syſtem
des alten Bundes
bei ſeinen Engeln bei-
nahe ganz veraͤndert, und wirklich zum Scha-
den eines ſinnlichen Gedichts, das ſich dem
Orientaliſchen Geſchmack bequemen ſoll.
Er meint, „man muͤſſe der Religion, nicht
„aber der Schreibart der Offenbarung nach-
„ahmen; es ſei denn die Propheten, ſo
„fern ihre Werke Meiſterſtuͤcke der Bered-
„ſamkeit
ſind.„ Sind ihre Werke Bered-
ſamkeit
ſo ſind ſie gewiß nicht Meiſter-
ſtuͤcke;
als Meiſterſtuͤcken alter Orientali-
ſcher Gedichte haͤtte er ihnen nachahmen ſol-

len,
* Nord. Auſſeh. Th. 3. St. 110.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0084" n="252"/>
&#x201E;nommen wu&#x0364;rde, und einem, &#x017F;o das Jnnre<lb/>
&#x201E;der Religion na&#x0364;her angeht, und zwar einen<lb/>
&#x201E;Unter&#x017F;chied in Ab&#x017F;icht auf die <hi rendition="#fr">Weltlichkeit,</hi><lb/>
&#x201E;wie ers nennet:&#x201E; allein dem unbe&#x017F;chadet<lb/>
kommt es mir vor, daß er bei dem Jnnern<lb/>
zu &#x017F;ehr das Aeußere verge&#x017F;&#x017F;en, und da er &#x017F;ein<lb/>
Hauptaugenmerk nur immer auf <hi rendition="#fr">Moralita&#x0364;t</hi><lb/>
gerichtet, es mit &#x017F;einen Engeln manchmal<lb/>
vergißt, was er &#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;agt: <note place="foot" n="*">Nord. Au&#x017F;&#x017F;eh. Th. 3. St. 110.</note> &#x201E;<hi rendition="#fr">Ein Engel<lb/>
&#x201E;&#x017F;oll mehr als ein Jupiter &#x017F;eyn, der eben<lb/>
&#x201E;gedonnert hat.</hi></p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Rabbi.</hi> Ueberhaupt hat K. das <hi rendition="#fr">Sy&#x017F;tem<lb/>
des alten Bundes</hi> bei &#x017F;einen Engeln bei-<lb/>
nahe ganz vera&#x0364;ndert, und wirklich zum Scha-<lb/>
den eines &#x017F;innlichen Gedichts, das &#x017F;ich dem<lb/><hi rendition="#fr">Orientali&#x017F;chen</hi> Ge&#x017F;chmack bequemen &#x017F;oll.<lb/>
Er meint, &#x201E;man mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e der Religion, nicht<lb/>
&#x201E;aber der Schreibart der Offenbarung nach-<lb/>
&#x201E;ahmen; es &#x017F;ei denn <hi rendition="#fr">die Propheten,</hi> &#x017F;o<lb/>
&#x201E;fern ihre Werke Mei&#x017F;ter&#x017F;tu&#x0364;cke der <hi rendition="#fr">Bered-<lb/>
&#x201E;&#x017F;amkeit</hi> &#x017F;ind.&#x201E; Sind ihre Werke <hi rendition="#fr">Bered-<lb/>
&#x017F;amkeit</hi> &#x017F;o &#x017F;ind &#x017F;ie gewiß nicht <hi rendition="#fr">Mei&#x017F;ter-<lb/>
&#x017F;tu&#x0364;cke;</hi> als Mei&#x017F;ter&#x017F;tu&#x0364;cken alter Orientali-<lb/>
&#x017F;cher Gedichte ha&#x0364;tte er ihnen nachahmen &#x017F;ol-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">len,</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[252/0084] „nommen wuͤrde, und einem, ſo das Jnnre „der Religion naͤher angeht, und zwar einen „Unterſchied in Abſicht auf die Weltlichkeit, „wie ers nennet:„ allein dem unbeſchadet kommt es mir vor, daß er bei dem Jnnern zu ſehr das Aeußere vergeſſen, und da er ſein Hauptaugenmerk nur immer auf Moralitaͤt gerichtet, es mit ſeinen Engeln manchmal vergißt, was er ſelbſt ſagt: * „Ein Engel „ſoll mehr als ein Jupiter ſeyn, der eben „gedonnert hat. Rabbi. Ueberhaupt hat K. das Syſtem des alten Bundes bei ſeinen Engeln bei- nahe ganz veraͤndert, und wirklich zum Scha- den eines ſinnlichen Gedichts, das ſich dem Orientaliſchen Geſchmack bequemen ſoll. Er meint, „man muͤſſe der Religion, nicht „aber der Schreibart der Offenbarung nach- „ahmen; es ſei denn die Propheten, ſo „fern ihre Werke Meiſterſtuͤcke der Bered- „ſamkeit ſind.„ Sind ihre Werke Bered- ſamkeit ſo ſind ſie gewiß nicht Meiſter- ſtuͤcke; als Meiſterſtuͤcken alter Orientali- ſcher Gedichte haͤtte er ihnen nachahmen ſol- len, * Nord. Auſſeh. Th. 3. St. 110.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_litteratur02_1767
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_litteratur02_1767/84
Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 2. Riga, 1767, S. 252. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_litteratur02_1767/84>, abgerufen am 05.12.2024.