Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 2. Riga, 1767.

Bild:
<< vorherige Seite

"ne Art von Landekloge, die nicht ganz zu
"verwerfen ist: die vierte ist die wahre Jdylle
"Theokrits, Virgils und Geßners. Was
"ist nunmehr die Jdylle? Nichts als der
"sinnlichste Ausdruck der höchst verschö-
"nerten Leidenschaften
und Empfindun-
"gen solcher Menschen, die in kleinern
"Gefellschaften zusammen leben.
" * --
Der sinnreiche D. mag als Beobachter Recht
haben, in der Anwendung finde ich einige
Bedenklichkeiten.

Zuerst: Landgedicht, Ekloge und Jdyl-
le:
der Sache nach mag ihr Unterschied
wesentlich und nothwendig seyn; wer aber
gibt den Worten den allgemeinen Werth:
du sollst eben das bedeuten! Unser Kunst-
richter glaubt mit Schlegel einerlei unter
Landgedicht zu verstehen, und es ist zwi-
schen ihnen doch ein Unterschied. Schlegel
versteht darunter blos ein Landschafts-
stück,
eine Schilderung der Gegenstän-
de der Natur; D. meint ja schon Beschäf-
tigungen
darunter, und also wirklich Hand-

lung,
* p. 124. 125.

„ne Art von Landekloge, die nicht ganz zu
„verwerfen iſt: die vierte iſt die wahre Jdylle
Theokrits, Virgils und Geßners. Was
„iſt nunmehr die Jdylle? Nichts als der
ſinnlichſte Ausdruck der hoͤchſt verſchoͤ-
„nerten Leidenſchaften
und Empfindun-
„gen ſolcher Menſchen, die in kleinern
„Gefellſchaften zuſammen leben.
*
Der ſinnreiche D. mag als Beobachter Recht
haben, in der Anwendung finde ich einige
Bedenklichkeiten.

Zuerſt: Landgedicht, Ekloge und Jdyl-
le:
der Sache nach mag ihr Unterſchied
weſentlich und nothwendig ſeyn; wer aber
gibt den Worten den allgemeinen Werth:
du ſollſt eben das bedeuten! Unſer Kunſt-
richter glaubt mit Schlegel einerlei unter
Landgedicht zu verſtehen, und es iſt zwi-
ſchen ihnen doch ein Unterſchied. Schlegel
verſteht darunter blos ein Landſchafts-
ſtuͤck,
eine Schilderung der Gegenſtaͤn-
de der Natur; D. meint ja ſchon Beſchaͤf-
tigungen
darunter, und alſo wirklich Hand-

lung,
* p. 124. 125.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0183" n="351"/>
&#x201E;ne Art von Landekloge, die nicht ganz zu<lb/>
&#x201E;verwerfen i&#x017F;t: die vierte i&#x017F;t die wahre Jdylle<lb/>
&#x201E;<hi rendition="#fr">Theokrits, Virgils</hi> und <hi rendition="#fr">Geßners.</hi> Was<lb/>
&#x201E;i&#x017F;t nunmehr die <hi rendition="#fr">Jdylle?</hi> Nichts als der<lb/>
&#x201E;<hi rendition="#fr">&#x017F;innlich&#x017F;te Ausdruck</hi> der <hi rendition="#fr">ho&#x0364;ch&#x017F;t ver&#x017F;cho&#x0364;-<lb/>
&#x201E;nerten Leiden&#x017F;chaften</hi> und <hi rendition="#fr">Empfindun-<lb/>
&#x201E;gen &#x017F;olcher Men&#x017F;chen, die in kleinern<lb/>
&#x201E;Gefell&#x017F;chaften zu&#x017F;ammen leben.</hi>&#x201E; <note place="foot" n="*">p. 124. 125.</note> &#x2014;<lb/>
Der &#x017F;innreiche D. mag als Beobachter Recht<lb/>
haben, in der Anwendung finde ich einige<lb/>
Bedenklichkeiten.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Zuer&#x017F;t: Landgedicht, Ekloge</hi> und <hi rendition="#fr">Jdyl-<lb/>
le:</hi> der Sache nach mag ihr Unter&#x017F;chied<lb/><hi rendition="#fr">we&#x017F;entlich</hi> und <hi rendition="#fr">nothwendig</hi> &#x017F;eyn; wer aber<lb/>
gibt den Worten den allgemeinen Werth:<lb/><hi rendition="#fr">du &#x017F;oll&#x017F;t eben das bedeuten!</hi> Un&#x017F;er Kun&#x017F;t-<lb/>
richter glaubt mit <hi rendition="#fr">Schlegel</hi> einerlei unter<lb/><hi rendition="#fr">Landgedicht</hi> zu ver&#x017F;tehen, und es i&#x017F;t zwi-<lb/>
&#x017F;chen ihnen doch ein Unter&#x017F;chied. Schlegel<lb/>
ver&#x017F;teht darunter blos ein <hi rendition="#fr">Land&#x017F;chafts-<lb/>
&#x017F;tu&#x0364;ck,</hi> eine <hi rendition="#fr">Schilderung</hi> der Gegen&#x017F;ta&#x0364;n-<lb/>
de der Natur; D. meint ja &#x017F;chon <hi rendition="#fr">Be&#x017F;cha&#x0364;f-<lb/>
tigungen</hi> darunter, und al&#x017F;o wirklich <hi rendition="#fr">Hand-</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">lung,</hi></fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[351/0183] „ne Art von Landekloge, die nicht ganz zu „verwerfen iſt: die vierte iſt die wahre Jdylle „Theokrits, Virgils und Geßners. Was „iſt nunmehr die Jdylle? Nichts als der „ſinnlichſte Ausdruck der hoͤchſt verſchoͤ- „nerten Leidenſchaften und Empfindun- „gen ſolcher Menſchen, die in kleinern „Gefellſchaften zuſammen leben.„ * — Der ſinnreiche D. mag als Beobachter Recht haben, in der Anwendung finde ich einige Bedenklichkeiten. Zuerſt: Landgedicht, Ekloge und Jdyl- le: der Sache nach mag ihr Unterſchied weſentlich und nothwendig ſeyn; wer aber gibt den Worten den allgemeinen Werth: du ſollſt eben das bedeuten! Unſer Kunſt- richter glaubt mit Schlegel einerlei unter Landgedicht zu verſtehen, und es iſt zwi- ſchen ihnen doch ein Unterſchied. Schlegel verſteht darunter blos ein Landſchafts- ſtuͤck, eine Schilderung der Gegenſtaͤn- de der Natur; D. meint ja ſchon Beſchaͤf- tigungen darunter, und alſo wirklich Hand- lung, * p. 124. 125.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_litteratur02_1767
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_litteratur02_1767/183
Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 2. Riga, 1767, S. 351. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_litteratur02_1767/183>, abgerufen am 18.05.2024.