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Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 1. Riga, 1767.

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hen; wer Deutsches in lateinischen Lettern
lesen kann, ist ja nicht deswegen ein
Schweizer!

Jch rede von ihren Deutschen Verdien-
sten, denn von ihren Nachbildungen aus dem
Griechischen müste ich vielleicht anders ur-
theilen: ich rede von ihrem Verdienst um die
Sprache, denn von ihrer Dichterei und von
ihrer Abneigung gegen die Philosophie, gegen
die sie aus den Zürchischen freimüthigen Nach-
richten so lange Zeit Calefonium-Blizze ge-
sandt, urtheile ich jetzt nicht; und in diesem
eingeschränkten Gesichtspunkt kann ich selbst
ihre Hizze entschuldigen, die den Gottschedia-
nern die Stange halten muste. Zwei Geg-
ner, die auf beiden Seiten ausschweifen, und
beide ohne Weltweisheit streiten; -- da kam
zum Glück eine dritte Parthei, die Baumgar-
tensche Schule, die Söhne des Deutschen
Athens, und brachten sie beide aus einander.

Jn der Dichtkunst Ramler, Kleist, und
insonderheit Gleim; in der Prose Leßing
und Abbt; wenn man diese lieset, wie be-
dauret man nicht den Sulzerschen Einfall,
uns keine Jdiotismen zu lassen. Gleims

Kriegs-
D

hen; wer Deutſches in lateiniſchen Lettern
leſen kann, iſt ja nicht deswegen ein
Schweizer!

Jch rede von ihren Deutſchen Verdien-
ſten, denn von ihren Nachbildungen aus dem
Griechiſchen muͤſte ich vielleicht anders ur-
theilen: ich rede von ihrem Verdienſt um die
Sprache, denn von ihrer Dichterei und von
ihrer Abneigung gegen die Philoſophie, gegen
die ſie aus den Zuͤrchiſchen freimuͤthigen Nach-
richten ſo lange Zeit Calefonium-Blizze ge-
ſandt, urtheile ich jetzt nicht; und in dieſem
eingeſchraͤnkten Geſichtspunkt kann ich ſelbſt
ihre Hizze entſchuldigen, die den Gottſchedia-
nern die Stange halten muſte. Zwei Geg-
ner, die auf beiden Seiten ausſchweifen, und
beide ohne Weltweisheit ſtreiten; — da kam
zum Gluͤck eine dritte Parthei, die Baumgar-
tenſche Schule, die Soͤhne des Deutſchen
Athens, und brachten ſie beide aus einander.

Jn der Dichtkunſt Ramler, Kleiſt, und
inſonderheit Gleim; in der Proſe Leßing
und Abbt; wenn man dieſe lieſet, wie be-
dauret man nicht den Sulzerſchen Einfall,
uns keine Jdiotismen zu laſſen. Gleims

Kriegs-
D
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[49/0053] hen; wer Deutſches in lateiniſchen Lettern leſen kann, iſt ja nicht deswegen ein Schweizer! Jch rede von ihren Deutſchen Verdien- ſten, denn von ihren Nachbildungen aus dem Griechiſchen muͤſte ich vielleicht anders ur- theilen: ich rede von ihrem Verdienſt um die Sprache, denn von ihrer Dichterei und von ihrer Abneigung gegen die Philoſophie, gegen die ſie aus den Zuͤrchiſchen freimuͤthigen Nach- richten ſo lange Zeit Calefonium-Blizze ge- ſandt, urtheile ich jetzt nicht; und in dieſem eingeſchraͤnkten Geſichtspunkt kann ich ſelbſt ihre Hizze entſchuldigen, die den Gottſchedia- nern die Stange halten muſte. Zwei Geg- ner, die auf beiden Seiten ausſchweifen, und beide ohne Weltweisheit ſtreiten; — da kam zum Gluͤck eine dritte Parthei, die Baumgar- tenſche Schule, die Soͤhne des Deutſchen Athens, und brachten ſie beide aus einander. Jn der Dichtkunſt Ramler, Kleiſt, und inſonderheit Gleim; in der Proſe Leßing und Abbt; wenn man dieſe lieſet, wie be- dauret man nicht den Sulzerſchen Einfall, uns keine Jdiotismen zu laſſen. Gleims Kriegs- D

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Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 1. Riga, 1767, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_litteratur01_1767/53>, abgerufen am 24.11.2024.