Unterricht nicht oft nach Grundsäzzen eine Lüsternheit übrig ließe. Jch urtheile, wie ein Deutscher! ihr Deutsche! haltet ein Werk werth, an dem der Franzose blos etwas vom Geschmack; der Britte vom Fleiß, und der Wälsche vom Unterricht abborgen kann: das übrige ist euer!
Von den Denkmälern der Kunst komme ich zu denen, die den Bürger bilden! Und da steht ein Deutscher Browne!
3. Moser* kennet das Schroot und Korn der Deutschen Sprache: der alten Lutheri- schen Religion, der alten Freiheit, Ehrlich- keit, und gesunden Vernunft unserer Väter: und er kann mit mehrerem Rechte unser Deut- scher Browne seyn; als Jselin mit seinen Platonischen Träumen, und Wegelin mit seiner Hypochondrischen Fülle von Tugend, in der Schweiz. Wie Parrhasius dort den Geist der Athenienser malte, "der ver- "änderlich, rachsüchtig, ungerecht, unerbittlich "und gnädig, ruhmräthig, erhaben und nie- "drig, wild und feige, und alles zugleich war"
so
* Th. 5. 11. 18. 20.
Unterricht nicht oft nach Grundſaͤzzen eine Luͤſternheit uͤbrig ließe. Jch urtheile, wie ein Deutſcher! ihr Deutſche! haltet ein Werk werth, an dem der Franzoſe blos etwas vom Geſchmack; der Britte vom Fleiß, und der Waͤlſche vom Unterricht abborgen kann: das uͤbrige iſt euer!
Von den Denkmaͤlern der Kunſt komme ich zu denen, die den Buͤrger bilden! Und da ſteht ein Deutſcher Browne!
3. Moſer* kennet das Schroot und Korn der Deutſchen Sprache: der alten Lutheri- ſchen Religion, der alten Freiheit, Ehrlich- keit, und geſunden Vernunft unſerer Vaͤter: und er kann mit mehrerem Rechte unſer Deut- ſcher Browne ſeyn; als Jſelin mit ſeinen Platoniſchen Traͤumen, und Wegelin mit ſeiner Hypochondriſchen Fuͤlle von Tugend, in der Schweiz. Wie Parrhaſius dort den Geiſt der Athenienſer malte, „der ver- „aͤnderlich, rachſuͤchtig, ungerecht, unerbittlich „und gnaͤdig, ruhmraͤthig, erhaben und nie- „drig, wild und feige, und alles zugleich war„
ſo
* Th. 5. 11. 18. 20.
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Unterricht nicht oft nach Grundſaͤzzen eine
Luͤſternheit uͤbrig ließe. Jch urtheile, wie
ein Deutſcher! ihr Deutſche! haltet ein Werk
werth, an dem der Franzoſe blos etwas vom
Geſchmack; der Britte vom Fleiß, und der
Waͤlſche vom Unterricht abborgen kann: das
uͤbrige iſt euer!
Von den Denkmaͤlern der Kunſt komme
ich zu denen, die den Buͤrger bilden! Und da
ſteht ein Deutſcher Browne!
3. Moſer * kennet das Schroot und Korn
der Deutſchen Sprache: der alten Lutheri-
ſchen Religion, der alten Freiheit, Ehrlich-
keit, und geſunden Vernunft unſerer Vaͤter:
und er kann mit mehrerem Rechte unſer Deut-
ſcher Browne ſeyn; als Jſelin mit ſeinen
Platoniſchen Traͤumen, und Wegelin mit
ſeiner Hypochondriſchen Fuͤlle von Tugend,
in der Schweiz. Wie Parrhaſius dort
den Geiſt der Athenienſer malte, „der ver-
„aͤnderlich, rachſuͤchtig, ungerecht, unerbittlich
„und gnaͤdig, ruhmraͤthig, erhaben und nie-
„drig, wild und feige, und alles zugleich war„
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* Th. 5. 11. 18. 20.
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Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 1. Riga, 1767, S. 148. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_litteratur01_1767/152>, abgerufen am 16.02.2025.
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