ren, und mit dem Deutschen Nachdruck be- gleiten. Der Vorredner des Journal etran- ger schrieb unter andern der Französischen Sprache einen größern Vorrath von Aus- drücken für das Lächerliche zu; * er glaubte, die Deutsche Sprache hätte daran Mangel; der Kunstrichter leugnet es; auch ich, und jenem gebe ich doch den Vorzug der Franzö- sischen Sprache zu, weil ich es selbst erfah- ren. Jch habe seit einiger Zeit meine Ne- benstunden auf eine Untersuchung des Lächer- lichen in Sitten, und des Lächerlichen in der Vorstellung und dem Ausdruck, nach seinem Hauptbegrif und seinen vielerlei Arten, gewandt: und habe im Französischen wirklich mehr Worte gefunden, weil diese Nation, die ohnedas mehr und lieber lacht, als die Deutschen; mehr Bemerkung aus der Cultur des Umganges zieht, als wir, und sich überhaupt mehr zu erklären weiß, wie die Seele durch den Körper spricht, als un- sere Sprache. Man gehe auch nur das Ver- zeichniß durch, was Girard und Mauvillon von Wörtern dieser Art gesammlet: so wird
man
* Litter. Br. Th. 16. p. 8.
ren, und mit dem Deutſchen Nachdruck be- gleiten. Der Vorredner des Journal étran- ger ſchrieb unter andern der Franzoͤſiſchen Sprache einen groͤßern Vorrath von Aus- druͤcken fuͤr das Laͤcherliche zu; * er glaubte, die Deutſche Sprache haͤtte daran Mangel; der Kunſtrichter leugnet es; auch ich, und jenem gebe ich doch den Vorzug der Franzoͤ- ſiſchen Sprache zu, weil ich es ſelbſt erfah- ren. Jch habe ſeit einiger Zeit meine Ne- benſtunden auf eine Unterſuchung des Laͤcher- lichen in Sitten, und des Laͤcherlichen in der Vorſtellung und dem Ausdruck, nach ſeinem Hauptbegrif und ſeinen vielerlei Arten, gewandt: und habe im Franzoͤſiſchen wirklich mehr Worte gefunden, weil dieſe Nation, die ohnedas mehr und lieber lacht, als die Deutſchen; mehr Bemerkung aus der Cultur des Umganges zieht, als wir, und ſich uͤberhaupt mehr zu erklaͤren weiß, wie die Seele durch den Koͤrper ſpricht, als un- ſere Sprache. Man gehe auch nur das Ver- zeichniß durch, was Girard und Mauvillon von Woͤrtern dieſer Art geſammlet: ſo wird
man
* Litter. Br. Th. 16. p. 8.
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ren, und mit dem Deutſchen Nachdruck be-
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ger ſchrieb unter andern der Franzoͤſiſchen
Sprache einen groͤßern Vorrath von Aus-
druͤcken fuͤr das Laͤcherliche zu; * er glaubte,
die Deutſche Sprache haͤtte daran Mangel;
der Kunſtrichter leugnet es; auch ich, und
jenem gebe ich doch den Vorzug der Franzoͤ-
ſiſchen Sprache zu, weil ich es ſelbſt erfah-
ren. Jch habe ſeit einiger Zeit meine Ne-
benſtunden auf eine Unterſuchung des Laͤcher-
lichen in Sitten, und des Laͤcherlichen in
der Vorſtellung und dem Ausdruck, nach
ſeinem Hauptbegrif und ſeinen vielerlei
Arten, gewandt: und habe im Franzoͤſiſchen
wirklich mehr Worte gefunden, weil dieſe
Nation, die ohnedas mehr und lieber lacht,
als die Deutſchen; mehr Bemerkung aus der
Cultur des Umganges zieht, als wir, und
ſich uͤberhaupt mehr zu erklaͤren weiß, wie
die Seele durch den Koͤrper ſpricht, als un-
ſere Sprache. Man gehe auch nur das Ver-
zeichniß durch, was Girard und Mauvillon
von Woͤrtern dieſer Art geſammlet: ſo wird
man
* Litter. Br. Th. 16. p. 8.
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Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 1. Riga, 1767, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_litteratur01_1767/144>, abgerufen am 16.02.2025.
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