Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 1. Riga, 1767.man von den ältesten Sprachen, als wären So bald gewisse Dinge mit bestimmten ker G 2
man von den aͤlteſten Sprachen, als waͤren So bald gewiſſe Dinge mit beſtimmten ker G 2
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man von den aͤlteſten Sprachen, als waͤren
ſie von GOtt, oder einem Philoſophen erfun-
den, und waͤren aus ſeinem Gehirn mit aller
Ruͤſtung geſprungen, wie Pallas aus dem Ge-
hirn des Jupiters. Alles, was wir ſchoͤnes
in den aͤlteſten Sprachen finden: iſt erſt ſpaͤ-
ter in ſie gekommen, nur wir kennen die er-
ſten unfoͤrmlichen Zeiten nicht; daher ſchei-
nen ſie uns gleich im Anfange im Glanz.
Nehmet das ſinnreichſte Spiel, wo ein Euler
durch die Berechnung der Faͤlle der Wahr-
ſcheinlichkeit die weiſeſte Anordnung entdeckt;
iſt es im Anfange ſo geweſen — nichts als ei-
ne Zuſammenhaͤufung ungefaͤhrer Wuͤrfe; ei-
ne Folge von Verſuchen, bis Verſuche endlich
Kunſt in daſſelbe brachten —
So bald gewiſſe Dinge mit beſtimmten
Worten fortgepflanzt wurden; wie dies
durch die erſten Lieder geſchahe; ſo fieng ſich
dieſes unordentliche Chaos an zu ſenken; man
ſuchte die Ordnung der Worte aus, die dem
Lernenden am faßlichſten waren; das Syl-
benmaas muſte ſie einpaſſen, und ſo ward ſie
zwar kein Geſez, keine Regel, aber ein Muſter,
ein Praͤjudicat: und man weiß, daß alle Voͤl-
ker
G 2
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