Herder, Johann Gottfried von: Kritische Wälder. Bd. 3. Riga, 1769.Kritische Wälder. gorien auf Münzen haben ihre eigne Natur; siesind nicht etwa blos wie Malereien, der Kunst selbst; sondern allemal der Deutung wegen da: sie sind Mnemonisch. Das Bild als Bild ist Nichts; der Sinn des Bildes ist Alles. Jn al- len Schriften wirft Hr. Klotz Münzen, Gemmen, Malereien, Statuen grausam durcheinander; und kaum kann Etwas verschiedners an Natur, Zweck und Gesetzen seyn! Ein Kunstwerk ist der Kunst we- gen da: aber bei einer Symbole, sie sei der Religion, oder der politischen Verfassung, oder der Geschichte gewidmet, ist die Kunst dienend, eine Helferinn zu einem andern Zwecke, so bei der Münze. Las- set uns also die Griechen nicht auf unrechte Art lo- ben: sie widersprechen solchem Lobe, und es wird Tadel auf sie: es wird Unwissenheit für uns. Auf der andern Seite, lasset uns auch die Bild,
Kritiſche Waͤlder. gorien auf Muͤnzen haben ihre eigne Natur; ſieſind nicht etwa blos wie Malereien, der Kunſt ſelbſt; ſondern allemal der Deutung wegen da: ſie ſind Mnemoniſch. Das Bild als Bild iſt Nichts; der Sinn des Bildes iſt Alles. Jn al- len Schriften wirft Hr. Klotz Muͤnzen, Gemmen, Malereien, Statuen grauſam durcheinander; und kaum kann Etwas verſchiedners an Natur, Zweck und Geſetzen ſeyn! Ein Kunſtwerk iſt der Kunſt we- gen da: aber bei einer Symbole, ſie ſei der Religion, oder der politiſchen Verfaſſung, oder der Geſchichte gewidmet, iſt die Kunſt dienend, eine Helferinn zu einem andern Zwecke, ſo bei der Muͤnze. Laſ- ſet uns alſo die Griechen nicht auf unrechte Art lo- ben: ſie widerſprechen ſolchem Lobe, und es wird Tadel auf ſie: es wird Unwiſſenheit fuͤr uns. Auf der andern Seite, laſſet uns auch die Bild,
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Kritiſche Waͤlder.
gorien auf Muͤnzen haben ihre eigne Natur; ſie
ſind nicht etwa blos wie Malereien, der Kunſt
ſelbſt; ſondern allemal der Deutung wegen da:
ſie ſind Mnemoniſch. Das Bild als Bild iſt
Nichts; der Sinn des Bildes iſt Alles. Jn al-
len Schriften wirft Hr. Klotz Muͤnzen, Gemmen,
Malereien, Statuen grauſam durcheinander; und
kaum kann Etwas verſchiedners an Natur, Zweck
und Geſetzen ſeyn! Ein Kunſtwerk iſt der Kunſt we-
gen da: aber bei einer Symbole, ſie ſei der Religion,
oder der politiſchen Verfaſſung, oder der Geſchichte
gewidmet, iſt die Kunſt dienend, eine Helferinn
zu einem andern Zwecke, ſo bei der Muͤnze. Laſ-
ſet uns alſo die Griechen nicht auf unrechte Art lo-
ben: ſie widerſprechen ſolchem Lobe, und es wird
Tadel auf ſie: es wird Unwiſſenheit fuͤr uns.
Auf der andern Seite, laſſet uns auch die
Neuern nicht ohne Urſache tadeln. Jch will ihre
„durch die haͤßlichſten Verzerrungen des Geſichts
„verunſtalteten Ungeheuer, die Hrn. Kl. vornehmes
„Auge beleidigen, das ſich an die griechiſche Schoͤn-
„heit gewoͤhnt hat„ nicht vertheidigen; aber ſo
billig ſollte man doch auch ſeyn, zu fragen: iſt
dieſes Ungeheuer die Haupt- oder nur eine Neben-
vorſtellung? Wenn z. E. ein Herkules, als Dra-
chentoͤdter, zum Sinnbilde der Tapferkeit da ſtuͤn-
de, und der Drache ſelbſt ein haͤßliches Ungeheuer
waͤre: nicht der Drache, der Drachentoͤdter iſt das
Bild,
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