Herder, Johann Gottfried von: Kritische Wälder. Bd. 3. Riga, 1769.Drittes Wäldchen. Gewebe so mancher Ketzer und Ketzermacher loszu-wickeln, und sie so rund, so gewiß, so klar darzu- stellen, als es hinter den Denkarten und Vermi- schungen so vieler Perioden der Religion geschehen kann. Auch hier also ist die Strenge des Begrif- fes und Beweises Alles. Wer will jenen und die- sen im Gefolge süßer und reiner Worte erst aufsu- chen? Ein Ernesti, (und wessen Zeugniß kann hier- inn mehr seyn, als dieses theologischen Cicero?) hat über Materien, die hiezu die Grundlage seyn müs- sen, geredet, und selbst an Heilmann die Schwü- rigkeit gezeigt, lateinische Worte und Ausdrücke Gedanken des Systems zu substituiren. Einige neuere Dogmatiken, wovon ich selbst die Schriften Mosheims nicht ausnehme, bestätigen es, wie viel von der genauen Präcision und Dogmatischen Ve- stigkeit oft durch den schönen Styl verloren gehe, und denn selbst in Reden sind die Bergerschen Orationes selectiores Zeugen von den Schwürig- keiten, beides zu gatten. -- -- Geschmack- voll also mögen solche Klagen über die Dogmatische Barbarei der Theologen immer seyn; nur gründ- lich? -- -- Am besten, daß sich Hr. Kl. nicht darein mische, und die Namen guter und böser Theologen dem Urtheile andrer überlasse. Ueber
Drittes Waͤldchen. Gewebe ſo mancher Ketzer und Ketzermacher loszu-wickeln, und ſie ſo rund, ſo gewiß, ſo klar darzu- ſtellen, als es hinter den Denkarten und Vermi- ſchungen ſo vieler Perioden der Religion geſchehen kann. Auch hier alſo iſt die Strenge des Begrif- fes und Beweiſes Alles. Wer will jenen und die- ſen im Gefolge ſuͤßer und reiner Worte erſt aufſu- chen? Ein Erneſti, (und weſſen Zeugniß kann hier- inn mehr ſeyn, als dieſes theologiſchen Cicero?) hat uͤber Materien, die hiezu die Grundlage ſeyn muͤſ- ſen, geredet, und ſelbſt an Heilmann die Schwuͤ- rigkeit gezeigt, lateiniſche Worte und Ausdruͤcke Gedanken des Syſtems zu ſubſtituiren. Einige neuere Dogmatiken, wovon ich ſelbſt die Schriften Mosheims nicht ausnehme, beſtaͤtigen es, wie viel von der genauen Praͤciſion und Dogmatiſchen Ve- ſtigkeit oft durch den ſchoͤnen Styl verloren gehe, und denn ſelbſt in Reden ſind die Bergerſchen Orationes ſelectiores Zeugen von den Schwuͤrig- keiten, beides zu gatten. — — Geſchmack- voll alſo moͤgen ſolche Klagen uͤber die Dogmatiſche Barbarei der Theologen immer ſeyn; nur gruͤnd- lich? — — Am beſten, daß ſich Hr. Kl. nicht darein miſche, und die Namen guter und boͤſer Theologen dem Urtheile andrer uͤberlaſſe. Ueber
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0161" n="155"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Drittes Waͤldchen.</hi></fw><lb/> Gewebe ſo mancher Ketzer und Ketzermacher loszu-<lb/> wickeln, und ſie ſo rund, ſo gewiß, ſo klar darzu-<lb/> ſtellen, als es hinter den Denkarten und Vermi-<lb/> ſchungen ſo vieler Perioden der Religion geſchehen<lb/> kann. Auch hier alſo iſt die Strenge des Begrif-<lb/> fes und Beweiſes Alles. Wer will jenen und die-<lb/> ſen im Gefolge ſuͤßer und reiner Worte erſt aufſu-<lb/> chen? Ein Erneſti, (und weſſen Zeugniß kann hier-<lb/> inn mehr ſeyn, als dieſes theologiſchen Cicero?) hat<lb/> uͤber Materien, die hiezu die Grundlage ſeyn muͤſ-<lb/> ſen, geredet, und ſelbſt an <hi rendition="#fr">Heilmann</hi> die Schwuͤ-<lb/> rigkeit gezeigt, lateiniſche Worte und Ausdruͤcke<lb/> Gedanken des Syſtems zu ſubſtituiren. Einige<lb/> neuere Dogmatiken, wovon ich ſelbſt die Schriften<lb/> Mosheims nicht ausnehme, beſtaͤtigen es, wie viel<lb/> von der genauen Praͤciſion und Dogmatiſchen Ve-<lb/> ſtigkeit oft durch den ſchoͤnen Styl verloren gehe,<lb/> und denn ſelbſt in Reden ſind die Bergerſchen<lb/><hi rendition="#aq">Orationes ſelectiores</hi> Zeugen von den Schwuͤrig-<lb/> keiten, beides zu gatten. — — Geſchmack-<lb/> voll alſo moͤgen ſolche Klagen uͤber die Dogmatiſche<lb/> Barbarei der Theologen immer ſeyn; nur gruͤnd-<lb/> lich? — — Am beſten, daß ſich Hr. Kl. nicht<lb/> darein miſche, und die Namen guter und boͤſer<lb/> Theologen dem Urtheile andrer uͤberlaſſe.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#fr">Ueber</hi> </fw><lb/> </body> </text> </TEI> [155/0161]
Drittes Waͤldchen.
Gewebe ſo mancher Ketzer und Ketzermacher loszu-
wickeln, und ſie ſo rund, ſo gewiß, ſo klar darzu-
ſtellen, als es hinter den Denkarten und Vermi-
ſchungen ſo vieler Perioden der Religion geſchehen
kann. Auch hier alſo iſt die Strenge des Begrif-
fes und Beweiſes Alles. Wer will jenen und die-
ſen im Gefolge ſuͤßer und reiner Worte erſt aufſu-
chen? Ein Erneſti, (und weſſen Zeugniß kann hier-
inn mehr ſeyn, als dieſes theologiſchen Cicero?) hat
uͤber Materien, die hiezu die Grundlage ſeyn muͤſ-
ſen, geredet, und ſelbſt an Heilmann die Schwuͤ-
rigkeit gezeigt, lateiniſche Worte und Ausdruͤcke
Gedanken des Syſtems zu ſubſtituiren. Einige
neuere Dogmatiken, wovon ich ſelbſt die Schriften
Mosheims nicht ausnehme, beſtaͤtigen es, wie viel
von der genauen Praͤciſion und Dogmatiſchen Ve-
ſtigkeit oft durch den ſchoͤnen Styl verloren gehe,
und denn ſelbſt in Reden ſind die Bergerſchen
Orationes ſelectiores Zeugen von den Schwuͤrig-
keiten, beides zu gatten. — — Geſchmack-
voll alſo moͤgen ſolche Klagen uͤber die Dogmatiſche
Barbarei der Theologen immer ſeyn; nur gruͤnd-
lich? — — Am beſten, daß ſich Hr. Kl. nicht
darein miſche, und die Namen guter und boͤſer
Theologen dem Urtheile andrer uͤberlaſſe.
Ueber
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |