Herder, Johann Gottfried von: Kritische Wälder. Bd. 3. Riga, 1769.Drittes Wäldchen. und wie nun? daß die Münze "eine noch getreuere"Schilderung seines sittlichen Charakters seyn soll, "als eine Schrift das Bild des Schriftstellers" welch ein Dunft! -- Unter allen bildenden Kün- sten ist das Münzengepräge am wenigsten freies Kunstwerk. Landesherrschaftliches Hoheitszei- chen, Denkmal einer Begebenheit, veranlaßte Symbole -- also der Hofherrlichkeit, der Ge- schichte, des Bedeutenden wegen, dazu ists. Das Schöne tritt zurück, und wie weit hinten nach die freie Wahl des Künstlers? die Willkühr seiner Bearbeitung? seine Denkungsart? zudem die Triebfedern, die ihn in Bewegung gesetzt? zudem gar sein sittlicher Charakter? und gar deutlicher, als eine Schrift das Bild des Schriftstellers mah- let? Das alles, liebe Göttinn Moneta! auf einer Münze! O der erleuchtete Münzenschauer! Es ist nicht gut, daß es dem Verf. beinahe zur "eines a) [Spaltenumbruch]
S. 14. b) [Spaltenumbruch]
S. Klotzens bibl. St. 3. G 3
Drittes Waͤldchen. und wie nun? daß die Muͤnze „eine noch getreuere„Schilderung ſeines ſittlichen Charakters ſeyn ſoll, „als eine Schrift das Bild des Schriftſtellers„ welch ein Dunft! — Unter allen bildenden Kuͤn- ſten iſt das Muͤnzengepraͤge am wenigſten freies Kunſtwerk. Landesherrſchaftliches Hoheitszei- chen, Denkmal einer Begebenheit, veranlaßte Symbole — alſo der Hofherrlichkeit, der Ge- ſchichte, des Bedeutenden wegen, dazu iſts. Das Schoͤne tritt zuruͤck, und wie weit hinten nach die freie Wahl des Kuͤnſtlers? die Willkuͤhr ſeiner Bearbeitung? ſeine Denkungsart? zudem die Triebfedern, die ihn in Bewegung geſetzt? zudem gar ſein ſittlicher Charakter? und gar deutlicher, als eine Schrift das Bild des Schriftſtellers mah- let? Das alles, liebe Goͤttinn Moneta! auf einer Muͤnze! O der erleuchtete Muͤnzenſchauer! Es iſt nicht gut, daß es dem Verf. beinahe zur „eines a) [Spaltenumbruch]
S. 14. b) [Spaltenumbruch]
S. Klotzens bibl. St. 3. G 3
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0107" n="101"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Drittes Waͤldchen.</hi></fw><lb/> und wie nun? daß die Muͤnze „eine noch getreuere<lb/> „Schilderung ſeines ſittlichen Charakters ſeyn ſoll,<lb/> „als eine Schrift das Bild des Schriftſtellers„<lb/> welch ein Dunft! — Unter allen bildenden Kuͤn-<lb/> ſten iſt das Muͤnzengepraͤge am wenigſten <hi rendition="#fr">freies<lb/> Kunſtwerk.</hi> Landesherrſchaftliches Hoheitszei-<lb/> chen, Denkmal einer Begebenheit, veranlaßte<lb/> Symbole — alſo der Hofherrlichkeit, der Ge-<lb/> ſchichte, des Bedeutenden wegen, dazu iſts. Das<lb/> Schoͤne tritt zuruͤck, und wie weit hinten nach die<lb/> freie Wahl des Kuͤnſtlers? die Willkuͤhr ſeiner<lb/> Bearbeitung? ſeine Denkungsart? zudem die<lb/> Triebfedern, die ihn in Bewegung geſetzt? zudem<lb/> gar ſein ſittlicher Charakter? und gar deutlicher,<lb/> als eine Schrift das Bild des Schriftſtellers mah-<lb/> let? Das alles, liebe Goͤttinn Moneta! auf einer<lb/> Muͤnze! O der erleuchtete Muͤnzenſchauer!</p><lb/> <p>Es iſt nicht gut, daß es dem Verf. beinahe zur<lb/> Gewohnheit geworden, die Gedanken andrer ſo anzu-<lb/> fuͤhren, daß ſie ſich ſelbſt kaum mehr aͤhnlich ſehen,<lb/> und ſo ſelbſt mit ſeinen Leibautoren. Hier <note place="foot" n="a)"><cb/> S. 14.</note> citirt er,<lb/> z. E. ſo ſeltſam und weitſchweifig, als der verſpottete<lb/><note place="foot" n="b)"><cb/> S. Klotzens bibl. St. 3.</note> Grillo ſeinen Pindar nicht beirufen kann, um eini-<lb/> ge Seiten des unbeſtimmteſten Gemiſches zu beſtaͤti-<lb/> gen: „So wahr iſt der Ausſpruch eines Mannes,<lb/> „welcher die tiefen Einſichten und alle Eigenſchaften<lb/> <fw place="bottom" type="sig">G 3</fw><fw place="bottom" type="catch">„eines</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [101/0107]
Drittes Waͤldchen.
und wie nun? daß die Muͤnze „eine noch getreuere
„Schilderung ſeines ſittlichen Charakters ſeyn ſoll,
„als eine Schrift das Bild des Schriftſtellers„
welch ein Dunft! — Unter allen bildenden Kuͤn-
ſten iſt das Muͤnzengepraͤge am wenigſten freies
Kunſtwerk. Landesherrſchaftliches Hoheitszei-
chen, Denkmal einer Begebenheit, veranlaßte
Symbole — alſo der Hofherrlichkeit, der Ge-
ſchichte, des Bedeutenden wegen, dazu iſts. Das
Schoͤne tritt zuruͤck, und wie weit hinten nach die
freie Wahl des Kuͤnſtlers? die Willkuͤhr ſeiner
Bearbeitung? ſeine Denkungsart? zudem die
Triebfedern, die ihn in Bewegung geſetzt? zudem
gar ſein ſittlicher Charakter? und gar deutlicher,
als eine Schrift das Bild des Schriftſtellers mah-
let? Das alles, liebe Goͤttinn Moneta! auf einer
Muͤnze! O der erleuchtete Muͤnzenſchauer!
Es iſt nicht gut, daß es dem Verf. beinahe zur
Gewohnheit geworden, die Gedanken andrer ſo anzu-
fuͤhren, daß ſie ſich ſelbſt kaum mehr aͤhnlich ſehen,
und ſo ſelbſt mit ſeinen Leibautoren. Hier a) citirt er,
z. E. ſo ſeltſam und weitſchweifig, als der verſpottete
b) Grillo ſeinen Pindar nicht beirufen kann, um eini-
ge Seiten des unbeſtimmteſten Gemiſches zu beſtaͤti-
gen: „So wahr iſt der Ausſpruch eines Mannes,
„welcher die tiefen Einſichten und alle Eigenſchaften
„eines
a)
S. 14.
b)
S. Klotzens bibl. St. 3.
G 3
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |