Herder, Johann Gottfried von: Kritische Wälder. Bd. 2. Riga, 1769.Zweites Wäldchen. 4. Aber viertens: wo in einem christlichen Gedichte die Mythologie keinen poetischen Nutzen schaffet; allerdings, da bleibe sie weg, denn jedes Müßige, jedes der poetischen Wirkung Widrige muß wegbleiben. Jch danke also im Namen aller wah- ren Poeten eines h. Sujets Hrn. Klotzen freundlich für die Erlaubniß, "doch Neptun für das Meer, "und Ceres statt Brot, und Vulkan statt Feuer, "und Lyäus statt Wein, auch im geistlichen Ge- "dichte sagen zu können; denn diese Worte hätten "schon ihre mythologische Kraft verlohren; sie "brächten aber eine nicht geringe Eleganz in das "Gedicht." Elende Eleganz! eben wo sie ihre alte Kraft abgelegt haben, und blos als Wortschmuck gelten; da wirds gerade das erste Gesetz des wah- ren Dichters, zumal des heiligen Dichters, den Bettel wegzuwerfen. Jch sammle das Herausgebrachte, und da zeige ich ja doch beinahe ein Facit mit Hrn. Klotzen auf? Nicht völlig und am meisten ist die Rechnungsart verschieden, wie wir unser Facit herausbringen. Hr. Kl. thut einen Machtspruch: kein Zug der Mythologie komme in ein geistliches Gedicht! ich nehme mir die Freiheit, den Satz so einzuschränken, daß er bei jedem Unwahrscheinlichen in der Poesie gelten muß. Hr. Kl. giebt statt Gründe die Na- men: heidnisch, gottlos, falsch, abergläubisch, dumm, lächerlich, ungereimt; ich darf sagen: im- merhin!
Zweites Waͤldchen. 4. Aber viertens: wo in einem chriſtlichen Gedichte die Mythologie keinen poetiſchen Nutzen ſchaffet; allerdings, da bleibe ſie weg, denn jedes Muͤßige, jedes der poetiſchen Wirkung Widrige muß wegbleiben. Jch danke alſo im Namen aller wah- ren Poeten eines h. Sujets Hrn. Klotzen freundlich fuͤr die Erlaubniß, „doch Neptun fuͤr das Meer, „und Ceres ſtatt Brot, und Vulkan ſtatt Feuer, „und Lyaͤus ſtatt Wein, auch im geiſtlichen Ge- „dichte ſagen zu koͤnnen; denn dieſe Worte haͤtten „ſchon ihre mythologiſche Kraft verlohren; ſie „braͤchten aber eine nicht geringe Eleganz in das „Gedicht.„ Elende Eleganz! eben wo ſie ihre alte Kraft abgelegt haben, und blos als Wortſchmuck gelten; da wirds gerade das erſte Geſetz des wah- ren Dichters, zumal des heiligen Dichters, den Bettel wegzuwerfen. Jch ſammle das Herausgebrachte, und da zeige ich ja doch beinahe ein Facit mit Hrn. Klotzen auf? Nicht voͤllig und am meiſten iſt die Rechnungsart verſchieden, wie wir unſer Facit herausbringen. Hr. Kl. thut einen Machtſpruch: kein Zug der Mythologie komme in ein geiſtliches Gedicht! ich nehme mir die Freiheit, den Satz ſo einzuſchraͤnken, daß er bei jedem Unwahrſcheinlichen in der Poeſie gelten muß. Hr. Kl. giebt ſtatt Gruͤnde die Na- men: heidniſch, gottlos, falſch, aberglaͤubiſch, dumm, laͤcherlich, ungereimt; ich darf ſagen: im- merhin!
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Zweites Waͤldchen.
4. Aber viertens: wo in einem chriſtlichen
Gedichte die Mythologie keinen poetiſchen Nutzen
ſchaffet; allerdings, da bleibe ſie weg, denn jedes
Muͤßige, jedes der poetiſchen Wirkung Widrige muß
wegbleiben. Jch danke alſo im Namen aller wah-
ren Poeten eines h. Sujets Hrn. Klotzen freundlich
fuͤr die Erlaubniß, „doch Neptun fuͤr das Meer,
„und Ceres ſtatt Brot, und Vulkan ſtatt Feuer,
„und Lyaͤus ſtatt Wein, auch im geiſtlichen Ge-
„dichte ſagen zu koͤnnen; denn dieſe Worte haͤtten
„ſchon ihre mythologiſche Kraft verlohren; ſie
„braͤchten aber eine nicht geringe Eleganz in das
„Gedicht.„ Elende Eleganz! eben wo ſie ihre
alte Kraft abgelegt haben, und blos als Wortſchmuck
gelten; da wirds gerade das erſte Geſetz des wah-
ren Dichters, zumal des heiligen Dichters, den
Bettel wegzuwerfen.
Jch ſammle das Herausgebrachte, und da zeige
ich ja doch beinahe ein Facit mit Hrn. Klotzen auf?
Nicht voͤllig und am meiſten iſt die Rechnungsart
verſchieden, wie wir unſer Facit herausbringen.
Hr. Kl. thut einen Machtſpruch: kein Zug der
Mythologie komme in ein geiſtliches Gedicht! ich
nehme mir die Freiheit, den Satz ſo einzuſchraͤnken,
daß er bei jedem Unwahrſcheinlichen in der Poeſie
gelten muß. Hr. Kl. giebt ſtatt Gruͤnde die Na-
men: heidniſch, gottlos, falſch, aberglaͤubiſch,
dumm, laͤcherlich, ungereimt; ich darf ſagen: im-
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