Herder, Johann Gottfried von: Kritische Wälder. Bd. 2. Riga, 1769.Zweites Wäldchen. "Einfalt etwas Bäurisches und Rauhes haben, wo"er sich zu dem herabläßt, was der Würde und "Erhabenheit des epischen Gedichts, wie ich achte, "gar nicht geziemet: wo er demselben nicht leichte "Flecken angespritzt, wo er es nicht auf eine gerin- "ge Art verunstaltet, wo er dem Leser einen nicht "kleinen Verdruß erwecket." Ueber alles könnte ich mit vielen Beispielen aufwarten, und alsdenn im würdigen Ton auf Homer schmähen; ob aber daraus homerische Briefe, oder eine Satyre wür- de: mag der Kenner Homers urtheilen, und Gott Lob! daß Deutschland wahre Kenner Ho- mers besitzet! Jetzt muß ich Homer verlassen, denn ich sehe, "schen a) p. 32. 33. C 3
Zweites Waͤldchen. „Einfalt etwas Baͤuriſches und Rauhes haben, wo„er ſich zu dem herablaͤßt, was der Wuͤrde und „Erhabenheit des epiſchen Gedichts, wie ich achte, „gar nicht geziemet: wo er demſelben nicht leichte „Flecken angeſpritzt, wo er es nicht auf eine gerin- „ge Art verunſtaltet, wo er dem Leſer einen nicht „kleinen Verdruß erwecket.„ Ueber alles koͤnnte ich mit vielen Beiſpielen aufwarten, und alsdenn im wuͤrdigen Ton auf Homer ſchmaͤhen; ob aber daraus homeriſche Briefe, oder eine Satyre wuͤr- de: mag der Kenner Homers urtheilen, und Gott Lob! daß Deutſchland wahre Kenner Ho- mers beſitzet! Jetzt muß ich Homer verlaſſen, denn ich ſehe, „ſchen a) p. 32. 33. C 3
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Zweites Waͤldchen.
„Einfalt etwas Baͤuriſches und Rauhes haben, wo
„er ſich zu dem herablaͤßt, was der Wuͤrde und
„Erhabenheit des epiſchen Gedichts, wie ich achte,
„gar nicht geziemet: wo er demſelben nicht leichte
„Flecken angeſpritzt, wo er es nicht auf eine gerin-
„ge Art verunſtaltet, wo er dem Leſer einen nicht
„kleinen Verdruß erwecket.„ Ueber alles koͤnnte
ich mit vielen Beiſpielen aufwarten, und alsdenn
im wuͤrdigen Ton auf Homer ſchmaͤhen; ob aber
daraus homeriſche Briefe, oder eine Satyre wuͤr-
de: mag der Kenner Homers urtheilen, und
Gott Lob! daß Deutſchland wahre Kenner Ho-
mers beſitzet!
Jetzt muß ich Homer verlaſſen, denn ich ſehe,
daß Hr. Klotz, zornig, wie die Goͤttinn Ate bei Ho-
mer, auf den Koͤpfen der groͤßeſten Genies aller Zei-
ten und Voͤlker wandelt. a) „Laͤcherliches mit dem
„Ernſthaften, mit dem Nachdrucke Scherz, und
„das Große mit dem Niedrigen vermiſchen, hat
„zu aller Zeit fuͤr unanſtaͤndig angeſehen werden
„ſollen, muß von jedem getadelt werden, es ſei
„denn, wer mit Lopez di Vega glaubt, es ſte-
„he ihm frei, mit Vernachlaͤßigung aller Regeln,
„was und wie ers wolle vorzubringen, und das
„Wahre mit der Fabel, die Komoͤdie mit dem
„Trauerſpiele, das Laͤcherliche mit dem Ernſthaften
„ſo zu vermiſchen, daß aller Unterſchied zwi-
„ſchen
a) p. 32. 33.
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