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Herder, Johann Gottfried von: Kritische Wälder. Bd. 2. Riga, 1769.

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Zweites Wäldchen.
schrieben? warum spricht er bei ihnen in so vorneh-
men Tone? warum läßt man sich von diesem Tone
so überstimmen, daß man sie als Offenbarungen
Apollo's lobet?

Das muß uns freilich Herr Klotz nicht überre-
den wollen, daß seine Verweise, und Lobsprüche auf
Homer, daß seine mythologischen Achtsstralen, daß
seine schöne Kunstvorschläge aus unsrer Religion,
daß seine Schamvisionen, daß seine horazischen
Einfälle Etwas, auch nur einen Funken Neues
enthielten; blos den mittelmäßigst belesenen Leser
kann seine Mine so Etwas überreden. Aber daß
alle diese sogenannten Alterthumsschriften voll Feh-
ler und Jrrthümer, und durchgängig mit dem
seichtesten Urtheile abgefasset sind: das will ich
nicht den Leser überreden, das mag er selbst beur-
theilen.

Wie ich aber an dies Urtheil komme? Nicht
anders, als auf einem sehr erlaubten Wege. Jch
habe nicht die Ehre, Herrn Klotz von Person zu
kennen, oder mit ihm in einiger Verbindung zu
stehen; aber seine Schriftchen habe ich gelesen, über-
dacht, seicht gefunden, und endlich mich gewun-
dert, daß jemand sie anders finden können. Zwar
warum mich gewundert? mich selbst hat beim er-
sten Lesen die lateinische Sprache, und die leichte

und
R 3

Zweites Waͤldchen.
ſchrieben? warum ſpricht er bei ihnen in ſo vorneh-
men Tone? warum laͤßt man ſich von dieſem Tone
ſo uͤberſtimmen, daß man ſie als Offenbarungen
Apollo’s lobet?

Das muß uns freilich Herr Klotz nicht uͤberre-
den wollen, daß ſeine Verweiſe, und Lobſpruͤche auf
Homer, daß ſeine mythologiſchen Achtsſtralen, daß
ſeine ſchoͤne Kunſtvorſchlaͤge aus unſrer Religion,
daß ſeine Schamviſionen, daß ſeine horaziſchen
Einfaͤlle Etwas, auch nur einen Funken Neues
enthielten; blos den mittelmaͤßigſt beleſenen Leſer
kann ſeine Mine ſo Etwas uͤberreden. Aber daß
alle dieſe ſogenannten Alterthumsſchriften voll Feh-
ler und Jrrthuͤmer, und durchgaͤngig mit dem
ſeichteſten Urtheile abgefaſſet ſind: das will ich
nicht den Leſer uͤberreden, das mag er ſelbſt beur-
theilen.

Wie ich aber an dies Urtheil komme? Nicht
anders, als auf einem ſehr erlaubten Wege. Jch
habe nicht die Ehre, Herrn Klotz von Perſon zu
kennen, oder mit ihm in einiger Verbindung zu
ſtehen; aber ſeine Schriftchen habe ich geleſen, uͤber-
dacht, ſeicht gefunden, und endlich mich gewun-
dert, daß jemand ſie anders finden koͤnnen. Zwar
warum mich gewundert? mich ſelbſt hat beim er-
ſten Leſen die lateiniſche Sprache, und die leichte

und
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[261/0267] Zweites Waͤldchen. ſchrieben? warum ſpricht er bei ihnen in ſo vorneh- men Tone? warum laͤßt man ſich von dieſem Tone ſo uͤberſtimmen, daß man ſie als Offenbarungen Apollo’s lobet? Das muß uns freilich Herr Klotz nicht uͤberre- den wollen, daß ſeine Verweiſe, und Lobſpruͤche auf Homer, daß ſeine mythologiſchen Achtsſtralen, daß ſeine ſchoͤne Kunſtvorſchlaͤge aus unſrer Religion, daß ſeine Schamviſionen, daß ſeine horaziſchen Einfaͤlle Etwas, auch nur einen Funken Neues enthielten; blos den mittelmaͤßigſt beleſenen Leſer kann ſeine Mine ſo Etwas uͤberreden. Aber daß alle dieſe ſogenannten Alterthumsſchriften voll Feh- ler und Jrrthuͤmer, und durchgaͤngig mit dem ſeichteſten Urtheile abgefaſſet ſind: das will ich nicht den Leſer uͤberreden, das mag er ſelbſt beur- theilen. Wie ich aber an dies Urtheil komme? Nicht anders, als auf einem ſehr erlaubten Wege. Jch habe nicht die Ehre, Herrn Klotz von Perſon zu kennen, oder mit ihm in einiger Verbindung zu ſtehen; aber ſeine Schriftchen habe ich geleſen, uͤber- dacht, ſeicht gefunden, und endlich mich gewun- dert, daß jemand ſie anders finden koͤnnen. Zwar warum mich gewundert? mich ſelbſt hat beim er- ſten Leſen die lateiniſche Sprache, und die leichte und R 3

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Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Kritische Wälder. Bd. 2. Riga, 1769, S. 261. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_kritische02_1769/267>, abgerufen am 22.11.2024.