Herder, Johann Gottfried von: Kritische Wälder. Bd. 2. Riga, 1769.Zweites Wäldchen. nach Geßnerscher Weise, das ist weise, kurz, undbündig -- Wozu indessen soll die unselige Mühe, jeden Strich auf dem Rande meines Exemplars in viele Worte erst zu verwandeln: hier Parenthesen, wo Seiten und Blätter nicht hergehören: dort Fra- gezeichen, wo ich ungewiß; hier Nullen, wo ich ge- genseitiger Meinung bin, und dort ein öfters! zum Zeichen eines herzlichen Ohe. Jch will damit lie- ber auf die lectiones Venusinas warten; jetzt eine allgemeine Anmerkung. Der unverschämte Harduin spricht a) dem lich a) p. 51. 52. P 3
Zweites Waͤldchen. nach Geßnerſcher Weiſe, das iſt weiſe, kurz, undbuͤndig — Wozu indeſſen ſoll die unſelige Muͤhe, jeden Strich auf dem Rande meines Exemplars in viele Worte erſt zu verwandeln: hier Parentheſen, wo Seiten und Blaͤtter nicht hergehoͤren: dort Fra- gezeichen, wo ich ungewiß; hier Nullen, wo ich ge- genſeitiger Meinung bin, und dort ein oͤfters! zum Zeichen eines herzlichen Ohe. Jch will damit lie- ber auf die lectiones Venuſinas warten; jetzt eine allgemeine Anmerkung. Der unverſchaͤmte Harduin ſpricht a) dem lich a) p. 51. 52. P 3
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Zweites Waͤldchen.
nach Geßnerſcher Weiſe, das iſt weiſe, kurz, und
buͤndig — Wozu indeſſen ſoll die unſelige Muͤhe,
jeden Strich auf dem Rande meines Exemplars in
viele Worte erſt zu verwandeln: hier Parentheſen,
wo Seiten und Blaͤtter nicht hergehoͤren: dort Fra-
gezeichen, wo ich ungewiß; hier Nullen, wo ich ge-
genſeitiger Meinung bin, und dort ein oͤfters! zum
Zeichen eines herzlichen Ohe. Jch will damit lie-
ber auf die lectiones Venuſinas warten; jetzt eine
allgemeine Anmerkung.
Der unverſchaͤmte Harduin ſpricht a) dem
wohlklingendſten der lyriſchen Roͤmer allen Wohl-
klang ab, alle Barbarei zu: Hr. Klotz alſo ſollte
Horazens lyriſchen Wohlklang retten; allein — er
hat ihn nicht gerettet. Er widerlegt Harduin durch
Citationen, und durch einige ſchale Beiſpiele, daß
dieſer und jener Vers bei ihm ein Echo ſeines Sin-
nes ſey; allein wem war an Etwas gelegen, was
Stuͤmpern oft mehr gluͤckt, als Dichtern, wenig-
ſtens jene oft gnug uͤbertreiben. Er haͤtte uns
auf den, dem Horaz eigenen, lyriſchen Wohlklang
aufmerkſam machen, in dieſem und jenem Sylben-
maaße die Lieblingsgaͤnge Horaz bemerken ſollen,
nach denen er die Worte ſtellet, und ſich einen Pe-
rioden ſchaffet. Einmal waͤre es Zeit, daß ein
deutſcher Dionyſius es entwickelte, wie das allge-
meine Ding, was wir Periode nennen, nur eigent-
lich
a) p. 51. 52.
P 3
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