Herder, Johann Gottfried von: Kritische Wälder. Bd. 2. Riga, 1769.Kritische Wälder. des Ugollino in lateinischen Versen a). Nach demGradu ad Parnassum sind die Verse schön; mit der meinhardschen Prose verglichen, matt und kraftlos. Die Macht der Simplicität des Jtalieners; die kur- ze Wuth des Schmerzes in demselben, bei jedem neuen Anfalle; die rührenden Einschiebsel desselben, die, wie ein einsylbiges Ach! die Rede stören, ist hier in schöne lateinische Verse verflossen, ganz ver- flossen. Hr. Kl. giebt den Auftritt der Andromache, und des Astianax mit Parallelen rührender Kinder- scenen b). Jch weiß nicht, wer ein Deutscher ist, und die Scene des Benoni im Messias auslassen: ich weiß nicht, wer Kinderscenen parallelisiren, und nichts aus den Trauerspielen der Britten nennen darf. Nicht mit Homers Astyanax, aber wohl mit shakespearschen Scenen konnte Lessings Arabelle ver- glichen werden, wenn es verglichen seyn sollte. Hr. Kl. zeigt, daß die Römer oft griechische Dichter und Künstler nachgeahmet c). Zu bekannt! Daß Homer oft das Stillschweigen sehr glück- in a) p. 233 -- 51. b) p. 251 -- 67. c) p. 274. &c. d) p. 271 -- 81.
Kritiſche Waͤlder. des Ugollino in lateiniſchen Verſen a). Nach demGradu ad Parnaſſum ſind die Verſe ſchoͤn; mit der meinhardſchen Proſe verglichen, matt und kraftlos. Die Macht der Simplicitaͤt des Jtalieners; die kur- ze Wuth des Schmerzes in demſelben, bei jedem neuen Anfalle; die ruͤhrenden Einſchiebſel deſſelben, die, wie ein einſylbiges Ach! die Rede ſtoͤren, iſt hier in ſchoͤne lateiniſche Verſe verfloſſen, ganz ver- floſſen. Hr. Kl. giebt den Auftritt der Andromache, und des Aſtianax mit Parallelen ruͤhrender Kinder- ſcenen b). Jch weiß nicht, wer ein Deutſcher iſt, und die Scene des Benoni im Meſſias auslaſſen: ich weiß nicht, wer Kinderſcenen paralleliſiren, und nichts aus den Trauerſpielen der Britten nennen darf. Nicht mit Homers Aſtyanax, aber wohl mit ſhakeſpearſchen Scenen konnte Leſſings Arabelle ver- glichen werden, wenn es verglichen ſeyn ſollte. Hr. Kl. zeigt, daß die Roͤmer oft griechiſche Dichter und Kuͤnſtler nachgeahmet c). Zu bekannt! Daß Homer oft das Stillſchweigen ſehr gluͤck- in a) p. 233 — 51. b) p. 251 — 67. c) p. 274. &c. d) p. 271 — 81.
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Kritiſche Waͤlder.
des Ugollino in lateiniſchen Verſen a). Nach dem
Gradu ad Parnaſſum ſind die Verſe ſchoͤn; mit der
meinhardſchen Proſe verglichen, matt und kraftlos.
Die Macht der Simplicitaͤt des Jtalieners; die kur-
ze Wuth des Schmerzes in demſelben, bei jedem
neuen Anfalle; die ruͤhrenden Einſchiebſel deſſelben,
die, wie ein einſylbiges Ach! die Rede ſtoͤren, iſt hier
in ſchoͤne lateiniſche Verſe verfloſſen, ganz ver-
floſſen.
Hr. Kl. giebt den Auftritt der Andromache,
und des Aſtianax mit Parallelen ruͤhrender Kinder-
ſcenen b). Jch weiß nicht, wer ein Deutſcher iſt,
und die Scene des Benoni im Meſſias auslaſſen:
ich weiß nicht, wer Kinderſcenen paralleliſiren, und
nichts aus den Trauerſpielen der Britten nennen
darf. Nicht mit Homers Aſtyanax, aber wohl mit
ſhakeſpearſchen Scenen konnte Leſſings Arabelle ver-
glichen werden, wenn es verglichen ſeyn ſollte.
Hr. Kl. zeigt, daß die Roͤmer oft griechiſche
Dichter und Kuͤnſtler nachgeahmet c). Zu bekannt!
Daß Homer oft das Stillſchweigen ſehr gluͤck-
lich gebraucht d). Die angefuͤhrten Beiſpiele ſind
nicht geſondert. Jn einigen iſts ein Stillſchweigen
der Weisheit, in andern der Hoheit, in andern des
Affekts; gar nicht alle und jede zu einem und dem
naͤmlichen Zwecke. Jn einigen iſts ein eilfertiges,
in
a) p. 233 — 51.
b) p. 251 — 67.
c) p. 274. &c.
d) p. 271 — 81.
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