Hr. Klotz also macht nach einem Eingange von achtzehen Seiten, in denen er uns, nach seiner Ge- wohnheit, nichts mehr sagt, als: ich bin auf dem Lande, und lese die sehr neue Bemerkung a): daß ein großer Geist auch Fehler habe -- daß Homer selbst zuweilen schlummere, daß man diese Stellen des Schlummers bemerken dörfe -- daß Er -- -- und nach aller gesteigerter Erwartung kommt das große und breite Beispiel b): "daß Ho- "mer geschlummert, glaube ich, erhelle an den "Orten; wo er, -- es sey nun, daß er sich damit "nach den Sitten seines Zeitalters bequemet, die "noch nicht gnug gefeilt waren, und bei ihrer Ein- "falt etwas Bäurisches und Rauhes haben; oder "weil es schwer ist, zurück zu halten, wovon "wir glauben, es werde den Lesern Lachen er- "wecken; oder durch einen Fehltritt seiner Beur- "theilungskraft -- kurz! wo er sich zu dem herab "läßt, wovon ich halte, es schicke sich zu der "Würde und Ernsthaftigkeit des epischen Gedich- "tes ganz und gar nicht. Jch meine aber, "daß Homer dadurch, daß er zuweilen, an einem "sehr unschicklichen Orte, seine Leser lachend ma- "chen will, daß er dadurch sein göttliches Gedicht "mit nicht leichten Flecken besudele, die ihm (dem "Gedichte nämlich) eine nicht geringe Verunstal- "tung, dem Leser aber -- Verdruß erwecken.
"Die
a)Klotz. epist. Homer. p. 24.
b)p. 24.
Kritiſche Waͤlder.
Hr. Klotz alſo macht nach einem Eingange von achtzehen Seiten, in denen er uns, nach ſeiner Ge- wohnheit, nichts mehr ſagt, als: ich bin auf dem Lande, und leſe die ſehr neue Bemerkung a): daß ein großer Geiſt auch Fehler habe — daß Homer ſelbſt zuweilen ſchlummere, daß man dieſe Stellen des Schlummers bemerken doͤrfe — daß Er — — und nach aller geſteigerter Erwartung kommt das große und breite Beiſpiel b): „daß Ho- „mer geſchlummert, glaube ich, erhelle an den „Orten; wo er, — es ſey nun, daß er ſich damit „nach den Sitten ſeines Zeitalters bequemet, die „noch nicht gnug gefeilt waren, und bei ihrer Ein- „falt etwas Baͤuriſches und Rauhes haben; oder „weil es ſchwer iſt, zuruͤck zu halten, wovon „wir glauben, es werde den Leſern Lachen er- „wecken; oder durch einen Fehltritt ſeiner Beur- „theilungskraft — kurz! wo er ſich zu dem herab „laͤßt, wovon ich halte, es ſchicke ſich zu der „Wuͤrde und Ernſthaftigkeit des epiſchen Gedich- „tes ganz und gar nicht. Jch meine aber, „daß Homer dadurch, daß er zuweilen, an einem „ſehr unſchicklichen Orte, ſeine Leſer lachend ma- „chen will, daß er dadurch ſein goͤttliches Gedicht „mit nicht leichten Flecken beſudele, die ihm (dem „Gedichte naͤmlich) eine nicht geringe Verunſtal- „tung, dem Leſer aber — Verdruß erwecken.
„Die
a)Klotz. epiſt. Homer. p. 24.
b)p. 24.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0258"n="252"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Kritiſche Waͤlder.</hi></fw><lb/><p>Hr. Klotz alſo macht nach einem Eingange von<lb/>
achtzehen Seiten, in denen er uns, nach ſeiner Ge-<lb/>
wohnheit, nichts mehr ſagt, als: <hirendition="#fr">ich bin auf dem<lb/>
Lande,</hi> und leſe die ſehr neue Bemerkung <noteplace="foot"n="a)"><hirendition="#aq">Klotz. epiſt. Homer. p.</hi> 24.</note>:<lb/>
daß ein großer Geiſt auch Fehler habe — daß<lb/>
Homer ſelbſt zuweilen ſchlummere, daß man dieſe<lb/>
Stellen des Schlummers bemerken doͤrfe — daß<lb/>
Er —— und nach aller geſteigerter Erwartung<lb/>
kommt das große und breite Beiſpiel <noteplace="foot"n="b)"><hirendition="#aq">p.</hi> 24.</note>: „daß Ho-<lb/>„mer geſchlummert, glaube ich, erhelle an den<lb/>„Orten; wo er, —<hirendition="#fr">es ſey nun,</hi> daß er ſich damit<lb/>„nach den Sitten ſeines Zeitalters bequemet, die<lb/>„noch nicht gnug gefeilt waren, und bei ihrer Ein-<lb/>„falt etwas Baͤuriſches und Rauhes haben; oder<lb/>„<hirendition="#fr">weil es ſchwer iſt, zuruͤck zu halten, wovon<lb/>„wir glauben, es werde den Leſern Lachen er-<lb/>„wecken;</hi> oder durch einen Fehltritt ſeiner Beur-<lb/>„theilungskraft — kurz! wo er ſich zu dem herab<lb/>„laͤßt, <hirendition="#fr">wovon ich halte,</hi> es ſchicke ſich zu der<lb/>„Wuͤrde und Ernſthaftigkeit des epiſchen Gedich-<lb/>„tes <hirendition="#fr">ganz und gar nicht. Jch meine aber,</hi><lb/>„daß Homer dadurch, daß er zuweilen, an einem<lb/>„ſehr unſchicklichen Orte, ſeine Leſer lachend ma-<lb/>„chen will, daß er dadurch ſein goͤttliches Gedicht<lb/>„<hirendition="#fr">mit nicht leichten</hi> Flecken beſudele, die ihm (dem<lb/>„Gedichte naͤmlich) <hirendition="#fr">eine nicht geringe</hi> Verunſtal-<lb/>„tung, dem Leſer aber — Verdruß erwecken.<lb/><fwplace="bottom"type="catch">„Die</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[252/0258]
Kritiſche Waͤlder.
Hr. Klotz alſo macht nach einem Eingange von
achtzehen Seiten, in denen er uns, nach ſeiner Ge-
wohnheit, nichts mehr ſagt, als: ich bin auf dem
Lande, und leſe die ſehr neue Bemerkung a):
daß ein großer Geiſt auch Fehler habe — daß
Homer ſelbſt zuweilen ſchlummere, daß man dieſe
Stellen des Schlummers bemerken doͤrfe — daß
Er — — und nach aller geſteigerter Erwartung
kommt das große und breite Beiſpiel b): „daß Ho-
„mer geſchlummert, glaube ich, erhelle an den
„Orten; wo er, — es ſey nun, daß er ſich damit
„nach den Sitten ſeines Zeitalters bequemet, die
„noch nicht gnug gefeilt waren, und bei ihrer Ein-
„falt etwas Baͤuriſches und Rauhes haben; oder
„weil es ſchwer iſt, zuruͤck zu halten, wovon
„wir glauben, es werde den Leſern Lachen er-
„wecken; oder durch einen Fehltritt ſeiner Beur-
„theilungskraft — kurz! wo er ſich zu dem herab
„laͤßt, wovon ich halte, es ſchicke ſich zu der
„Wuͤrde und Ernſthaftigkeit des epiſchen Gedich-
„tes ganz und gar nicht. Jch meine aber,
„daß Homer dadurch, daß er zuweilen, an einem
„ſehr unſchicklichen Orte, ſeine Leſer lachend ma-
„chen will, daß er dadurch ſein goͤttliches Gedicht
„mit nicht leichten Flecken beſudele, die ihm (dem
„Gedichte naͤmlich) eine nicht geringe Verunſtal-
„tung, dem Leſer aber — Verdruß erwecken.
„Die
a) Klotz. epiſt. Homer. p. 24.
b) p. 24.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Herder, Johann Gottfried von]: Kritische Wälder. Bd. 1. [Riga], 1769, S. 252. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_kritische01_1769/258>, abgerufen am 16.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.