[Herder, Johann Gottfried von]: Kritische Wälder. Bd. 1. [Riga], 1769.Erstes Wäldchen. gar die Kraft der Poesie liege; nicht aber in derFolge der Töne und Worte, in den Lauten, so fern sie natürliche Laute sind. -- Hr. L. indessen schließt aus dieser Folge von Denn wie löset er diesen Einwurf? "Dadurch, seinen a) p. 165.
Erſtes Waͤldchen. gar die Kraft der Poeſie liege; nicht aber in derFolge der Toͤne und Worte, in den Lauten, ſo fern ſie natuͤrliche Laute ſind. — Hr. L. indeſſen ſchließt aus dieſer Folge von Denn wie loͤſet er dieſen Einwurf? „Dadurch, ſeinen a) p. 165.
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Erſtes Waͤldchen.
gar die Kraft der Poeſie liege; nicht aber in der
Folge der Toͤne und Worte, in den Lauten, ſo
fern ſie natuͤrliche Laute ſind. —
Hr. L. indeſſen ſchließt aus dieſer Folge von
Toͤnen und Worten alles; nur ſehr ſpaͤt faͤllt es ihm
ein a), daß die Zeichen der Poeſie willkuͤhrlich waͤren:
allein auch denn ponderirt er nicht, was der Ein-
wurf: Poeſie wirkt durch willkuͤhrliche Zeichen, ſa-
gen wolle.
Denn wie loͤſet er dieſen Einwurf? „Dadurch,
„daß mit der Schilderung koͤrperlicher Gegenſtaͤn-
„de die Taͤuſchung, das Hauptwerk der Poeſie, ver-
„lohren gehe, daß alſo zwar Rede an ſich, aber nicht
„die ſinnlich vollkommenſte Rede, die Poeſie, Koͤr-
„per ſchildern koͤnne.„ Die Sache ſcheint jetzt an
beſſerm Orte. Eben weil die Poeſie nicht maleriſch
gnug ſeyn kann, bei Schilderung koͤrperlicher Ge-
genſtaͤnde: ſo muß ſie ſie nicht ſchildern. Nicht,
damit ſie nicht Malerei ſey, nicht weil ſie in ſucceſ-
ſiven Toͤnen ſchildert: nicht weil der Raum das Ge-
biet des Malers, und blos Zeitfolge das Gebiet des
Dichters ſey — ich ſehe bei allem keine Urſache.
Das Succeſſive in den Toͤnen iſt, wie geſagt, dem
Poeten wenig: er wirkt nicht durch ſie, als natuͤr-
liche Zeichen. Aber wenn ihn ſeine Kraft verlaͤßt,
wenn er mit ſeinen Vorſtellungen unabhaͤngig von
ſeinen
a) p. 165.
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