[Herder, Johann Gottfried von]: Kritische Wälder. Bd. 1. [Riga], 1769.Kritische Wälder. Mit dem Unterschiede, den Hr. L. angiebt, bin Wozu soll die Wolke bei dem Dichter und Ma- Aber die, daß die Wolke aus einem Dichter Homers Nebel ist ein poetischer Nebel; ist er darf a) p. 137.
Kritiſche Waͤlder. Mit dem Unterſchiede, den Hr. L. angiebt, bin Wozu ſoll die Wolke bei dem Dichter und Ma- Aber die, daß die Wolke aus einem Dichter Homers Nebel iſt ein poetiſcher Nebel; iſt er darf a) p. 137.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0160" n="154"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Kritiſche Waͤlder.</hi> </fw><lb/> <p>Mit dem Unterſchiede, den Hr. L. angiebt, bin<lb/> ich zufrieden; nur der Grund des Unterſchiedes,<lb/> den er angiebt, iſt nicht der meine.</p><lb/> <p>Wozu ſoll die Wolke bei dem Dichter und Ma-<lb/> ler? zur <hi rendition="#fr">Verhuͤllung.</hi> Wo ſie alſo nicht <hi rendition="#fr">verhuͤl-<lb/> len</hi> kann, da iſt ſie nicht Wolke mehr, da bleibe ſie<lb/> weg. So bei dem Maler. Sie ſoll verhuͤllen, und<lb/> verhuͤllet nicht: ſie laͤßt den verhuͤllten Helden noch<lb/> ſichtbar: er ſteht hinter einer ſpaniſchen Wand, und<lb/> ruft uns zu: ich bin unſichtbar, ich ſoll nicht geſe-<lb/> hen werden: ich bin nicht zu Hauſe. „Dieſe Urſa-<lb/> „che, duͤnkt mich, iſt die wahre.</p><lb/> <p>Aber die, daß die Wolke aus einem Dichter<lb/> entlehnt, bei ihm nichts als eine poetiſche Redens-<lb/> art, bei dem Kuͤnſtler hingegen eine wirkliche Wol-<lb/> ke, und alſo ein poetiſcher Ausdruck auf eine befrem-<lb/> dende Weiſe realiſirt ſey; „die Urſache ſcheint min-<lb/> „der Stich zu halten.„</p><lb/> <p>Homers Nebel iſt ein poetiſcher Nebel; iſt er<lb/> aber damit eine poetiſche Redensart, ein kuͤnſtlicher<lb/> Ausdruck, ſtatt „unſichtbar werden <note place="foot" n="a)">p. 137.</note>?„ Wenn<lb/> Achilles nach dem in die Wolke verborgnen und<lb/> ſchnell entruͤckten Hektor noch dreimal mit der Lanze<lb/> zuſtoͤßt: ſoll dieß „in der Sprache des Dichters<lb/> „weiter nichts heißen, als daß Achilles ſo wuͤtend<lb/> „geweſen, daß er noch dreimal geſtoßen, ehe er ge-<lb/> „merkt, daß er keinen Feind vor ſich habe?„ Jch<lb/> <fw place="bottom" type="catch">darf</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [154/0160]
Kritiſche Waͤlder.
Mit dem Unterſchiede, den Hr. L. angiebt, bin
ich zufrieden; nur der Grund des Unterſchiedes,
den er angiebt, iſt nicht der meine.
Wozu ſoll die Wolke bei dem Dichter und Ma-
ler? zur Verhuͤllung. Wo ſie alſo nicht verhuͤl-
len kann, da iſt ſie nicht Wolke mehr, da bleibe ſie
weg. So bei dem Maler. Sie ſoll verhuͤllen, und
verhuͤllet nicht: ſie laͤßt den verhuͤllten Helden noch
ſichtbar: er ſteht hinter einer ſpaniſchen Wand, und
ruft uns zu: ich bin unſichtbar, ich ſoll nicht geſe-
hen werden: ich bin nicht zu Hauſe. „Dieſe Urſa-
„che, duͤnkt mich, iſt die wahre.
Aber die, daß die Wolke aus einem Dichter
entlehnt, bei ihm nichts als eine poetiſche Redens-
art, bei dem Kuͤnſtler hingegen eine wirkliche Wol-
ke, und alſo ein poetiſcher Ausdruck auf eine befrem-
dende Weiſe realiſirt ſey; „die Urſache ſcheint min-
„der Stich zu halten.„
Homers Nebel iſt ein poetiſcher Nebel; iſt er
aber damit eine poetiſche Redensart, ein kuͤnſtlicher
Ausdruck, ſtatt „unſichtbar werden a)?„ Wenn
Achilles nach dem in die Wolke verborgnen und
ſchnell entruͤckten Hektor noch dreimal mit der Lanze
zuſtoͤßt: ſoll dieß „in der Sprache des Dichters
„weiter nichts heißen, als daß Achilles ſo wuͤtend
„geweſen, daß er noch dreimal geſtoßen, ehe er ge-
„merkt, daß er keinen Feind vor ſich habe?„ Jch
darf
a) p. 137.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |