Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 10. Riga, 1797.Er wird sich wiederfinden." -- Jetzt erschien Der Tag; das Fest ging an; und Quassi wagte Sich auf den Hof. Doch als sein Herr ihn sah, Ergrimmet wie ein Leu, der Blut geleckt, Sprang er auf ihn. Der Arme floh. Der Tiger Erjagt ihn; beide stürzen; stampfend kniet Sein Herr auf ihm, ihm jede Marter drohend. Da hub mit aller seiner Negerkraft Der Jüngling sich empor, und hielt ihn vest Danieder, zog ein Messer aus dem Gurt Und sprach: "Von Kindheit an mit Euch er- zogen, In Knabenjahren Euer Spielgesell, Liebt' ich Euch, wie mich selbst und glaubte mich Von Euch geliebet. Ich war Eure Hand, Eur Auge. Euer kleinster Vortheil war Mein eifrigster Gedanke Tag und Nacht: Er wird ſich wiederfinden.“ — Jetzt erſchien Der Tag; das Feſt ging an; und Quaſſi wagte Sich auf den Hof. Doch als ſein Herr ihn ſah, Ergrimmet wie ein Leu, der Blut geleckt, Sprang er auf ihn. Der Arme floh. Der Tiger Erjagt ihn; beide ſtuͤrzen; ſtampfend kniet Sein Herr auf ihm, ihm jede Marter drohend. Da hub mit aller ſeiner Negerkraft Der Juͤngling ſich empor, und hielt ihn veſt Danieder, zog ein Meſſer aus dem Gurt Und ſprach: „Von Kindheit an mit Euch er- zogen, In Knabenjahren Euer Spielgeſell, Liebt' ich Euch, wie mich ſelbſt und glaubte mich Von Euch geliebet. Ich war Eure Hand, Eur Auge. Euer kleinſter Vortheil war Mein eifrigſter Gedanke Tag und Nacht: <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <lg n="4"> <pb facs="#f0030" n="23"/> <l>Er wird ſich wiederfinden.“ —</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Jetzt erſchien</l><lb/> <l>Der Tag; das Feſt ging an; und <hi rendition="#g">Quaſſi</hi></l><lb/> <l>wagte</l><lb/> <l>Sich auf den Hof.</l><lb/> <l>Doch als ſein Herr ihn ſah,</l><lb/> <l>Ergrimmet wie ein Leu, der Blut geleckt,</l><lb/> <l>Sprang er auf ihn. Der Arme floh. Der</l><lb/> <l>Tiger</l><lb/> <l>Erjagt ihn; beide ſtuͤrzen; ſtampfend kniet</l><lb/> <l>Sein Herr auf ihm, ihm jede Marter drohend.</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l>Da hub mit aller ſeiner Negerkraft</l><lb/> <l>Der Juͤngling ſich empor, und hielt ihn veſt</l><lb/> <l>Danieder, zog ein Meſſer aus dem Gurt</l><lb/> <l>Und ſprach: „Von Kindheit an mit Euch er-</l><lb/> <l>zogen,</l><lb/> <l>In Knabenjahren Euer Spielgeſell,</l><lb/> <l>Liebt' ich Euch, wie mich ſelbſt und glaubte mich</l><lb/> <l>Von Euch geliebet. Ich war Eure Hand,</l><lb/> <l>Eur Auge. Euer kleinſter Vortheil war</l><lb/> <l>Mein eifrigſter Gedanke Tag und Nacht:</l><lb/> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [23/0030]
Er wird ſich wiederfinden.“ —
Jetzt erſchien
Der Tag; das Feſt ging an; und Quaſſi
wagte
Sich auf den Hof.
Doch als ſein Herr ihn ſah,
Ergrimmet wie ein Leu, der Blut geleckt,
Sprang er auf ihn. Der Arme floh. Der
Tiger
Erjagt ihn; beide ſtuͤrzen; ſtampfend kniet
Sein Herr auf ihm, ihm jede Marter drohend.
Da hub mit aller ſeiner Negerkraft
Der Juͤngling ſich empor, und hielt ihn veſt
Danieder, zog ein Meſſer aus dem Gurt
Und ſprach: „Von Kindheit an mit Euch er-
zogen,
In Knabenjahren Euer Spielgeſell,
Liebt' ich Euch, wie mich ſelbſt und glaubte mich
Von Euch geliebet. Ich war Eure Hand,
Eur Auge. Euer kleinſter Vortheil war
Mein eifrigſter Gedanke Tag und Nacht:
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