Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 9. Riga, 1797.man ein edleres, ein besseres Deutsch nicht man ein edleres, ein beſſeres Deutſch nicht <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0060" n="53"/> man ein edleres, ein beſſeres Deutſch nicht<lb/> verſtand und uͤber ſie in dieſer Denkart<lb/> dachte; wenn dies ein ganzes reines Jahr-<lb/> hundert ungeſtoͤrt, mit wenigen Ausnah-<lb/> men, ſo fortging; doͤrfen wir uns wohl<lb/> wundern, warum die Deutſche Nation ſo<lb/> nachgeblieben, ſo zuruͤckgekommen, und gan-<lb/> zen Staͤnden nach ſo leer und veraͤchtlich<lb/> worden iſt, als wir ſie leider nach dem Ge-<lb/> ſammt-Urtheil andrer Nationen im Ange-<lb/> ſicht Europa's finden? Bis auf die Zei-<lb/> ten <hi rendition="#g">Maximilians</hi> war die Deutſche<lb/> Nation, ſo oft auch ihre Ehrlichkeit ge-<lb/> mißbraucht ward, dennoch eine <hi rendition="#g">geehrte</hi><lb/> Nation; ſtandhaft in ihren Grundſaͤtzen,<lb/> bieder in ihrer Denkart und Handlungs-<lb/> weiſe. Seit fremde Voͤlker mit ihren<lb/> Sitten und Sprachen ſie beherrſchten, von<lb/> Karl dem fuͤnften an, ging ſie hinunter.<lb/> Die Reformation trennte, das politiſche<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [53/0060]
man ein edleres, ein beſſeres Deutſch nicht
verſtand und uͤber ſie in dieſer Denkart
dachte; wenn dies ein ganzes reines Jahr-
hundert ungeſtoͤrt, mit wenigen Ausnah-
men, ſo fortging; doͤrfen wir uns wohl
wundern, warum die Deutſche Nation ſo
nachgeblieben, ſo zuruͤckgekommen, und gan-
zen Staͤnden nach ſo leer und veraͤchtlich
worden iſt, als wir ſie leider nach dem Ge-
ſammt-Urtheil andrer Nationen im Ange-
ſicht Europa's finden? Bis auf die Zei-
ten Maximilians war die Deutſche
Nation, ſo oft auch ihre Ehrlichkeit ge-
mißbraucht ward, dennoch eine geehrte
Nation; ſtandhaft in ihren Grundſaͤtzen,
bieder in ihrer Denkart und Handlungs-
weiſe. Seit fremde Voͤlker mit ihren
Sitten und Sprachen ſie beherrſchten, von
Karl dem fuͤnften an, ging ſie hinunter.
Die Reformation trennte, das politiſche
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