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Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 9. Riga, 1797.

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ben. Man schreibt immer zu wenig oder zu
viel, wenn man bei sich selbst noch kein Re-
sultat gezogen. Im Sprechen kann man sich
alle Augenblick corrigiren, welches im Schrei-
ben nicht angeht. So viel dürfte ich Dir im
Vertrauen doch fast sagen, daß auch diese
Reise noch bis jetzt unter die Erfahrungen ge-
hört, daß das deutsche Theater mir fatal ist;
daß ich mich nie mit ihm, es sei auch noch
so wenig, bemengen kann, ohne Verdruß und
Unkosten davon zu haben.

"Und Du verdenkst es mir noch, daß ich
mich dafür lieber in die Theologie werfe? --
Freilich, wenn mir am Ende die Theologie
eben so lohnt, als das Theater." *)

62.

"Will es denn Eine Klasse von Leuten
nie lernen, daß es schlechterdings nicht wahr
ist, daß jemals ein Mensch wissentlich und

*) Th. 30. S. 391. 392.

ben. Man ſchreibt immer zu wenig oder zu
viel, wenn man bei ſich ſelbſt noch kein Re-
ſultat gezogen. Im Sprechen kann man ſich
alle Augenblick corrigiren, welches im Schrei-
ben nicht angeht. So viel duͤrfte ich Dir im
Vertrauen doch faſt ſagen, daß auch dieſe
Reiſe noch bis jetzt unter die Erfahrungen ge-
hoͤrt, daß das deutſche Theater mir fatal iſt;
daß ich mich nie mit ihm, es ſei auch noch
ſo wenig, bemengen kann, ohne Verdruß und
Unkoſten davon zu haben.

„Und Du verdenkſt es mir noch, daß ich
mich dafuͤr lieber in die Theologie werfe? —
Freilich, wenn mir am Ende die Theologie
eben ſo lohnt, als das Theater.“ *)

62.

„Will es denn Eine Klaſſe von Leuten
nie lernen, daß es ſchlechterdings nicht wahr
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*) Th. 30. S. 391. 392.
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[141/0148] ben. Man ſchreibt immer zu wenig oder zu viel, wenn man bei ſich ſelbſt noch kein Re- ſultat gezogen. Im Sprechen kann man ſich alle Augenblick corrigiren, welches im Schrei- ben nicht angeht. So viel duͤrfte ich Dir im Vertrauen doch faſt ſagen, daß auch dieſe Reiſe noch bis jetzt unter die Erfahrungen ge- hoͤrt, daß das deutſche Theater mir fatal iſt; daß ich mich nie mit ihm, es ſei auch noch ſo wenig, bemengen kann, ohne Verdruß und Unkoſten davon zu haben. „Und Du verdenkſt es mir noch, daß ich mich dafuͤr lieber in die Theologie werfe? — Freilich, wenn mir am Ende die Theologie eben ſo lohnt, als das Theater.“ *) 62. „Will es denn Eine Klaſſe von Leuten nie lernen, daß es ſchlechterdings nicht wahr iſt, daß jemals ein Menſch wiſſentlich und *) Th. 30. S. 391. 392.

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Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 9. Riga, 1797, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet09_1797/148>, abgerufen am 17.05.2024.