Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 8. Riga, 1796.Niemand glaubet. Wir sind aus dieser Was vom Lobe gesagt ist, gilt auch Niemand glaubet. Wir ſind aus dieſer Was vom Lobe geſagt iſt, gilt auch <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0092" n="73"/> Niemand glaubet. Wir ſind aus dieſer<lb/> Daͤmmerung hinaus, und wollen durchaus<lb/> Maͤhrchen als Maͤhrchen, Geſchichte als<lb/> Geſchichte leſen. Ein Theil der platoni-<lb/> ſchen Geſetzgebung in Anſehung der Dich-<lb/> ter iſt alſo ohne Hinaustreibung derſelben<lb/> blos und allein durch die linde Hand der<lb/> Zeit bewirkt worden; eine verwirrte Mi-<lb/> ſchung der Fabel und Wahrheit widerſtehet<lb/> unſerm Gedankenkreiſe.</p><lb/> <p>Was vom Lobe geſagt iſt, gilt auch<lb/> vom <hi rendition="#g">Tadel</hi>; die echte Muſe haſſet auch<lb/> in ihm alles zu Bittere, geſchweige die<lb/> Verlaͤumdung. Warum fallen perſoͤnliche<lb/> Satyren ſobald in Vergeſſenheit oder Ver-<lb/> achtung? Ihrer Ungerechtigkeit und Ueber-<lb/> treibung, kurz des unedlen Gemuͤths we-<lb/> gen, das der Begeiſtrung einer Muſe nicht<lb/> werth war. Es giebt z. B. kaum ein<lb/> witzigeres, ein lehrreicheres Gedicht gegen<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [73/0092]
Niemand glaubet. Wir ſind aus dieſer
Daͤmmerung hinaus, und wollen durchaus
Maͤhrchen als Maͤhrchen, Geſchichte als
Geſchichte leſen. Ein Theil der platoni-
ſchen Geſetzgebung in Anſehung der Dich-
ter iſt alſo ohne Hinaustreibung derſelben
blos und allein durch die linde Hand der
Zeit bewirkt worden; eine verwirrte Mi-
ſchung der Fabel und Wahrheit widerſtehet
unſerm Gedankenkreiſe.
Was vom Lobe geſagt iſt, gilt auch
vom Tadel; die echte Muſe haſſet auch
in ihm alles zu Bittere, geſchweige die
Verlaͤumdung. Warum fallen perſoͤnliche
Satyren ſobald in Vergeſſenheit oder Ver-
achtung? Ihrer Ungerechtigkeit und Ueber-
treibung, kurz des unedlen Gemuͤths we-
gen, das der Begeiſtrung einer Muſe nicht
werth war. Es giebt z. B. kaum ein
witzigeres, ein lehrreicheres Gedicht gegen
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