Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 7. Riga, 1796.zu bearbeiten, die zum Gesange geschaffen zu bearbeiten, die zum Geſange geſchaffen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0135" n="118"/> zu bearbeiten, die zum Geſange geſchaffen<lb/> iſt, brauchte ſeines Gluͤcks und erhob aus<lb/> ihr <hi rendition="#g">alles Singbare</hi>, <hi rendition="#aq">(cantabile)</hi> in<lb/><hi rendition="#g">jeder</hi> Art des Affekts, in <hi rendition="#g">jedem</hi> Perio-<lb/> den des Recitativs, der Arien und Choͤre,<lb/> zur Blume des Geſanges und Vortrags.<lb/> Zeige man ein ſingbares Wort, das er<lb/> nicht und zwar auf der beſten Stelle ge-<lb/> braucht, eine unſingbare Wendung, die er<lb/> nicht gemildert oder vermieden haͤtte! Auch<lb/> aus der menſchlichen Seele, aus Fabel<lb/> und Geſchichte zog er jeden ſingbaren Ge-<lb/> genſtand, jede melodiſche Geſinnung und<lb/> Empfindung auf die zierlichſte Weiſe her-<lb/> vor und wußte ſie zu einem <hi rendition="#g">muſikali</hi>-<lb/><hi rendition="#g">ſchen Sentiment</hi> im zarteſten und vol-<lb/> leſten Ausdruck zu bilden. Jede Arie des<lb/> Metaſtaſio iſt gleichſam ein poëtiſch-muſi-<lb/> kaliſcher Canon worden.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [118/0135]
zu bearbeiten, die zum Geſange geſchaffen
iſt, brauchte ſeines Gluͤcks und erhob aus
ihr alles Singbare, (cantabile) in
jeder Art des Affekts, in jedem Perio-
den des Recitativs, der Arien und Choͤre,
zur Blume des Geſanges und Vortrags.
Zeige man ein ſingbares Wort, das er
nicht und zwar auf der beſten Stelle ge-
braucht, eine unſingbare Wendung, die er
nicht gemildert oder vermieden haͤtte! Auch
aus der menſchlichen Seele, aus Fabel
und Geſchichte zog er jeden ſingbaren Ge-
genſtand, jede melodiſche Geſinnung und
Empfindung auf die zierlichſte Weiſe her-
vor und wußte ſie zu einem muſikali-
ſchen Sentiment im zarteſten und vol-
leſten Ausdruck zu bilden. Jede Arie des
Metaſtaſio iſt gleichſam ein poëtiſch-muſi-
kaliſcher Canon worden.
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