Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 5. Riga, 1795.

Bild:
<< vorherige Seite

ler gehabt, als Ihn, der nicht etwa nur
in der Sprache ihnen nachzubuhlen suchte,
sondern ihren großen Sinn, ihre hohe
Gedankenweise
zur Seinigen machte.
Dies zeigen seine Schriften und Briefe,
seine Sammlungen von Beispielen der Vor-
welt, die Grundsätze, an welche er sich hielt,
mit welchen er andre tröstete oder weckte,
endlich seine lateinischen Gespräche, Ge-
dichte und andre Einkleidungen, in denen
man bis zu seinen höchsten Jahren hinauf
den Schüler der Alten wahrnimmt. Hier
klopft Petrarca jedem Jünglinge und
Mann auf die Schulter: "liesest Du die
Alten also? wendest Du sie also an?" Pe-
trarca's lateinischer Styl mag unrein seyn;
seine Denkart war es nicht. Ein Freund
des Vaterlandes, wie Tullius und Cato,
weiß er die strengen Grundsätze eines Se-
neka durch die gesellschaftliche Theilneh[-]

ler gehabt, als Ihn, der nicht etwa nur
in der Sprache ihnen nachzubuhlen ſuchte,
ſondern ihren großen Sinn, ihre hohe
Gedankenweiſe
zur Seinigen machte.
Dies zeigen ſeine Schriften und Briefe,
ſeine Sammlungen von Beiſpielen der Vor-
welt, die Grundſaͤtze, an welche er ſich hielt,
mit welchen er andre troͤſtete oder weckte,
endlich ſeine lateiniſchen Geſpraͤche, Ge-
dichte und andre Einkleidungen, in denen
man bis zu ſeinen hoͤchſten Jahren hinauf
den Schuͤler der Alten wahrnimmt. Hier
klopft Petrarca jedem Juͤnglinge und
Mann auf die Schulter: „lieſeſt Du die
Alten alſo? wendeſt Du ſie alſo an?“ Pe-
trarca's lateiniſcher Styl mag unrein ſeyn;
ſeine Denkart war es nicht. Ein Freund
des Vaterlandes, wie Tullius und Cato,
weiß er die ſtrengen Grundſaͤtze eines Se-
neka durch die geſellſchaftliche Theilneh[-]

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0028" n="13"/>
ler gehabt, als Ihn, der nicht etwa nur<lb/>
in der Sprache ihnen nachzubuhlen &#x017F;uchte,<lb/>
&#x017F;ondern ihren <hi rendition="#g">großen Sinn</hi>, ihre <hi rendition="#g">hohe<lb/>
Gedankenwei&#x017F;e</hi> zur Seinigen machte.<lb/>
Dies zeigen &#x017F;eine Schriften und Briefe,<lb/>
&#x017F;eine Sammlungen von Bei&#x017F;pielen der Vor-<lb/>
welt, die Grund&#x017F;a&#x0364;tze, an welche er &#x017F;ich hielt,<lb/>
mit welchen er andre tro&#x0364;&#x017F;tete oder weckte,<lb/>
endlich &#x017F;eine lateini&#x017F;chen Ge&#x017F;pra&#x0364;che, Ge-<lb/>
dichte und andre Einkleidungen, in denen<lb/>
man bis zu &#x017F;einen ho&#x0364;ch&#x017F;ten Jahren hinauf<lb/>
den Schu&#x0364;ler der Alten wahrnimmt. Hier<lb/>
klopft <hi rendition="#g">Petrarca</hi> jedem Ju&#x0364;nglinge und<lb/>
Mann auf die Schulter: &#x201E;lie&#x017F;e&#x017F;t Du die<lb/>
Alten al&#x017F;o? wende&#x017F;t Du &#x017F;ie al&#x017F;o an?&#x201C; Pe-<lb/>
trarca's lateini&#x017F;cher Styl mag unrein &#x017F;eyn;<lb/>
&#x017F;eine Denkart war es nicht. Ein Freund<lb/>
des Vaterlandes, wie <hi rendition="#g">Tullius</hi> und <hi rendition="#g">Cato</hi>,<lb/>
weiß er die &#x017F;trengen Grund&#x017F;a&#x0364;tze eines <hi rendition="#g">Se</hi>-<lb/><hi rendition="#g">neka</hi> durch die ge&#x017F;ell&#x017F;chaftliche Theilneh<supplied>-</supplied><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[13/0028] ler gehabt, als Ihn, der nicht etwa nur in der Sprache ihnen nachzubuhlen ſuchte, ſondern ihren großen Sinn, ihre hohe Gedankenweiſe zur Seinigen machte. Dies zeigen ſeine Schriften und Briefe, ſeine Sammlungen von Beiſpielen der Vor- welt, die Grundſaͤtze, an welche er ſich hielt, mit welchen er andre troͤſtete oder weckte, endlich ſeine lateiniſchen Geſpraͤche, Ge- dichte und andre Einkleidungen, in denen man bis zu ſeinen hoͤchſten Jahren hinauf den Schuͤler der Alten wahrnimmt. Hier klopft Petrarca jedem Juͤnglinge und Mann auf die Schulter: „lieſeſt Du die Alten alſo? wendeſt Du ſie alſo an?“ Pe- trarca's lateiniſcher Styl mag unrein ſeyn; ſeine Denkart war es nicht. Ein Freund des Vaterlandes, wie Tullius und Cato, weiß er die ſtrengen Grundſaͤtze eines Se- neka durch die geſellſchaftliche Theilneh-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet05_1795
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet05_1795/28
Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 5. Riga, 1795, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet05_1795/28>, abgerufen am 24.11.2024.