fast jede Stadt Italiens war Jahrhunderte lang ihr Schauplatz gewesen, und war es noch. Hier schrieb Machiavell seinen Pren- cipe, ganz in den Begriffen seiner Zeit, ganz nach Vorfällen, die damals jedermann in Andenken waren. Aus diesen hatte er eben seine politischen Sätze abgezogen; und belegte jeden derselben mit Beispielen began- gener Fehler. "Wenn dies Euer Handwerk ist, sagt er gleichsam, so lernt es recht, damit Ihr nicht so unselige Pfuscher bleibet, als ich Euch zeige, daß Ihr seyd und wa- ret. Ihr habt keinen Begrif, als von Macht und Ansehn; wohl, so braucht wenigstens die Klugheit, die Euch zur sichern Macht, und Italien endlich einmal zur Ruhe leitet. Ich habe Euch Euer Werk nicht angewiesen; treibt Ihrs aber, so treibet es recht." Daß dies die Hal- tung der Gedanken in Machiavells gan-
faſt jede Stadt Italiens war Jahrhunderte lang ihr Schauplatz geweſen, und war es noch. Hier ſchrieb Machiavell ſeinen Pren- cipe, ganz in den Begriffen ſeiner Zeit, ganz nach Vorfaͤllen, die damals jedermann in Andenken waren. Aus dieſen hatte er eben ſeine politiſchen Saͤtze abgezogen; und belegte jeden derſelben mit Beiſpielen began- gener Fehler. „Wenn dies Euer Handwerk iſt, ſagt er gleichſam, ſo lernt es recht, damit Ihr nicht ſo unſelige Pfuſcher bleibet, als ich Euch zeige, daß Ihr ſeyd und wa- ret. Ihr habt keinen Begrif, als von Macht und Anſehn; wohl, ſo braucht wenigſtens die Klugheit, die Euch zur ſichern Macht, und Italien endlich einmal zur Ruhe leitet. Ich habe Euch Euer Werk nicht angewieſen; treibt Ihrs aber, ſo treibet es recht.“ Daß dies die Hal- tung der Gedanken in Machiavells gan-
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0173"n="10"/>
faſt jede Stadt Italiens war Jahrhunderte<lb/>
lang ihr Schauplatz geweſen, und war es<lb/>
noch. Hier ſchrieb Machiavell ſeinen <hirendition="#aq">Pren-<lb/>
cipe,</hi> ganz in den Begriffen ſeiner Zeit,<lb/>
ganz nach Vorfaͤllen, die damals jedermann<lb/>
in Andenken waren. Aus dieſen hatte er<lb/>
eben ſeine politiſchen Saͤtze abgezogen; und<lb/>
belegte jeden derſelben mit Beiſpielen began-<lb/>
gener Fehler. „Wenn dies Euer Handwerk<lb/>
iſt, ſagt er gleichſam, ſo lernt es recht,<lb/>
damit Ihr nicht ſo unſelige Pfuſcher bleibet,<lb/>
als ich Euch zeige, daß Ihr ſeyd und wa-<lb/>
ret. Ihr habt keinen Begrif, als von<lb/><hirendition="#g">Macht</hi> und <hirendition="#g">Anſehn</hi>; wohl, ſo braucht<lb/>
wenigſtens die <hirendition="#g">Klugheit</hi>, die Euch zur<lb/>ſichern Macht, und Italien endlich einmal<lb/>
zur Ruhe leitet. Ich habe Euch Euer<lb/>
Werk nicht angewieſen; treibt Ihrs aber,<lb/>ſo treibet es recht.“ Daß dies die Hal-<lb/>
tung der Gedanken in Machiavells gan-<lb/></p></div></body></text></TEI>
[10/0173]
faſt jede Stadt Italiens war Jahrhunderte
lang ihr Schauplatz geweſen, und war es
noch. Hier ſchrieb Machiavell ſeinen Pren-
cipe, ganz in den Begriffen ſeiner Zeit,
ganz nach Vorfaͤllen, die damals jedermann
in Andenken waren. Aus dieſen hatte er
eben ſeine politiſchen Saͤtze abgezogen; und
belegte jeden derſelben mit Beiſpielen began-
gener Fehler. „Wenn dies Euer Handwerk
iſt, ſagt er gleichſam, ſo lernt es recht,
damit Ihr nicht ſo unſelige Pfuſcher bleibet,
als ich Euch zeige, daß Ihr ſeyd und wa-
ret. Ihr habt keinen Begrif, als von
Macht und Anſehn; wohl, ſo braucht
wenigſtens die Klugheit, die Euch zur
ſichern Macht, und Italien endlich einmal
zur Ruhe leitet. Ich habe Euch Euer
Werk nicht angewieſen; treibt Ihrs aber,
ſo treibet es recht.“ Daß dies die Hal-
tung der Gedanken in Machiavells gan-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 5. Riga, 1795, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet05_1795/173>, abgerufen am 18.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.