Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 3. Riga, 1794.Es ward ein gleicher Trieb in aller Herz gelegt, Und allen Sterblichen die Regel eingeprägt: Du sollt das Gute thun, du sollt das Böse lassen; In diesen Götterspruch läßt das Gesetz sich fassen, Das die Natur uns schrieb. Er hält ein Recht in sich: Beginne, denke, flieh, begehre, schweige, sprich. Nicht Erz, das Rost verzehrt, nicht Blät- ter, die veralten, Kein Stein hat dies Gesetz der Menschen auf- behalten! Der Allmacht Tochter grub mit ewigheller Schrift, Es in die Seelen ein, die nie Verwesung trift. Ein ewiges Gebot, darinn ich wandeln müßte, Wenn, welches ferne sei! ich auch von Gott nichts wüßte! -- E 5
Es ward ein gleicher Trieb in aller Herz gelegt, Und allen Sterblichen die Regel eingepraͤgt: Du ſollt das Gute thun, du ſollt das Boͤſe laſſen; In dieſen Goͤtterſpruch laͤßt das Geſetz ſich faſſen, Das die Natur uns ſchrieb. Er haͤlt ein Recht in ſich: Beginne, denke, flieh, begehre, ſchweige, ſprich. Nicht Erz, das Roſt verzehrt, nicht Blaͤt- ter, die veralten, Kein Stein hat dies Geſetz der Menſchen auf- behalten! Der Allmacht Tochter grub mit ewigheller Schrift, Es in die Seelen ein, die nie Verweſung trift. Ein ewiges Gebot, darinn ich wandeln muͤßte, Wenn, welches ferne ſei! ich auch von Gott nichts wuͤßte! — E 5
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Es ward ein gleicher Trieb in aller Herz
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Du ſollt das Gute thun, du ſollt das
Boͤſe laſſen;
In dieſen Goͤtterſpruch laͤßt das Geſetz ſich
faſſen,
Das die Natur uns ſchrieb. Er haͤlt ein
Recht in ſich:
Beginne, denke, flieh, begehre,
ſchweige, ſprich.
Nicht Erz, das Roſt verzehrt, nicht Blaͤt-
ter, die veralten,
Kein Stein hat dies Geſetz der Menſchen auf-
behalten!
Der Allmacht Tochter grub mit ewigheller
Schrift,
Es in die Seelen ein, die nie Verweſung trift.
Ein ewiges Gebot, darinn ich wandeln muͤßte,
Wenn, welches ferne ſei! ich auch von Gott
nichts wuͤßte! —
E 5
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